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Übriggebliebene Stücke

"ÜBRIGGEBLIEBENE STÜCKE"

"... von den übriggebliebenen Brotstücken wurden zwölf Körbe voll." Mt. 14,20

Gespräche unter den Jüngern Jesu

Jeder Apostel hat eine Tasche voll von Brotstücken. Es sind Stücke von geschnittenem, gerissenem Brot. Es sind ungleiche Stücke, zerdrückt von unsauberen Händen. Aber es ist immer Brot. Wenn du nicht auf die Form achtest, wenn du mit dem inneren Gehalt zufrieden bist, kannst du davon satt werden. Es sind Stücke, die von Jesus gesegnet sind. Ihm kannst du danken. Nimm diese Seiten an, als ob du einige von diesen übriggebliebenen Stücken bekommen würdest.

Don Vigilio Covi

 

 

1. Anders als die anderen

Matthäus will Jesus lieben, er will Ihn wirklich lieben. Aber wie? Was heißt: Jesus lieben?

Von dieser Frage gefangen, findet Matthäus einen Weg: "Ich werde die Personen, die für Jesus wichtig sind, nachahmen." Er entdeckt, daß Jesus Vertrauen, großes Vertrauen Simon Petrus gibt.

"Ich werde von Petrus lernen, wie man Jesus liebt" Und er fängt an, den Fischerjünger zu beobachten.

Nach einiger Zeit sagt Thomas zu ihm: "Wie bist du autoritär geworden, Matthäus!" Er antwortet nicht; er fängt an, nachzudenken. "Vielleicht muß ich die Liebe von Johannes nachahmen. Jesus liebt Johannes, also ahme ich sein Verhalten nach." Das bleibt nicht unbeachtet.

Eine Woche später bemerkt Bartholomäus: "Matthäus! Vor einiger Zeit warst du nicht so 'süßlich'! Mir kommt vor, daß du die Haltung eines Kriechers annimmst! Was passiert?" Matthäus spürt Liebe in diesen Worten und deswegen kann er ihm sein Problem anvertrauen.

Bartholomäus - mit echtem Vater- und Brudersinn - rät ihm: "Matthäus, liebe Jesus mit deinem Herz; folge Ihm nach. Wenn du auf die anderen schaust, fühlt Jesus weder deine Nachfolge noch deine Liebe. Deine Art zu lieben ist schön, weil sie anders ist als die der anderen und sie ergänzt jene der anderen." Matthäus fühlt sich erleichtert.

Und er war es wirklich, denn er war sogar in Versuchung geraten, Judas Ischariot nachzuahmen: auch ihm hatte Jesus vertraut, so sehr, daß er ihm die Kasse übergeben hatte.

 

 

2. Seitdem er die Schlüssel bekommen hat

Philippus vertraut sich Matthäus an: "Hör was mir passiert; ich kann Petrus nicht mehr aushalten. Früher, wenn er mich etwas fragte, sagte er 'Machen wir das? Was sagst du? Wenn du willst, machen wir es so!' Jetzt hingegen, seit er die Schlüssel bekommen hat; hat er seine Art mit mir zu reden gewechselt. Er gibt Befehle und fertig. Geh, mach, komm, nimm. Diese autoritäre Art verdaue ich nicht." Matthäus versteht, was ihm Philippus anvertraut hat und er schaut ihn mit Liebe an. Nach einiger Zeit der Stille sagt er: "Auch ich habe die Veränderung in unserem Bruder Petrus gemerkt. Das mißfällt mir aber nicht. Ich sehe, daß er auf diese Weise versucht, Jesus zu gehorchen und so die Aufgabe, die ihm anvertraut worden ist, zu erfüllen. Auch mir fällt es schwer, herumkommandiert zu werden, ich merke aber, daß mir so die Gelegenheit gegeben wird, den Geist des Gehorsams zu üben, einen Geist, den wir vom Herrn selbst bekommen haben und in dem er uns ein Beispiel gegeben hat. Ich glaube, daß es Petrus auch schwerfällt, Befehle zu erteilen, und daß er gegen die Neigung, Anerkennung über sein Tun zu suchen, kämpfen muß. So ist er Jesus gehorsam, dem auch ich gehorchen will, indem ich erlaube, daß Petrus die Schlüssel dreht, so wie es ihm eingegeben wird. Mit seiner Art zu handeln liebt Petrus Jesus." Philippus hört zu und schweigt. Er hat verstanden, daß man, wenn man auf Jesus schaut, die positiven und wahren Seiten im Handeln der Brüder entdeckt. Indem man auf Jesus schaut, verschwinden Urteile und Kritik und man wächst seiner Größe entgegen die so ganz verschieden ist von der eines normalen Menschen.

 

 

3. Reliquien des Wunders

Alle sind im Boot. Alle außer Jesus.

Alle sind sicher, ein Gespenst zu sehen, und vor dem Gespenst fürchten sie sich. Sie schreien, aber das Gespenst überdeckt ihre Stimmen: "Ich bin es, fürchtet euch nicht!" Ist es Jesus? Kann er es wirklich sein? Kann man einem Gespenst glauben, das sagt, Jesus zu sein?

Petrus bricht den Zweifel und gibt sich mutig. "Wenn du es bist, sag ich soll kommen!" "Komm!" Petrus hat sich bereits kompromittiert. Er setzt einen Fuß ins Wasser und das Wasser hält. Petrus geht sicheren Schrittes auf dem Wasser und die anderen schauen zu, ohne zu atmen. Nur Johannes schreit: "Ein Wunder!", und holt sich schnell die Patschen von Petrus, Reliquien des Wunders. Aber während er sie sucht, kommt ein Windstoß; er blickt auf und sieht Petrus, der im Untergehen schreit: "Rette mich!" Jesus bringt ihn zum Boot, indem er ihn an der Hand hält. Johannes läßt die Patschen fallen und senkt die Arme mit einer Geste der Enttäuschung; es gelingt ihm nicht Petrus zu umarmen: er hat Angst, naß zu werden. Die Bemerkung des Thomas läßt nicht lange auf sich warten: "Zu früh hast du dich begeistern lassen, Johannes! Die besonderen Charismen muß man erproben!" Und es senkt sich die Stille über die nächtliche Begebenheit.

 

 

4. Besser beten

"Wißt ihr, was ich tue, um besser zu beten?" Die Frage von Thomas zieht die Aufmerksamkeit der ganzen Gruppe auf sich, alle wollen hören.

"Damit mein Gebet intensiver wird, schaue ich die Nachrichten im Fernsehen. So kann ich dem Herrn sagen: 'Siehst du jene, Herr? Denk an sie. Hast du von den Armen gehört? Hilf ihnen, Herr? Die Fernsehnachrichten sind wirklich eine gute Erfindung! Sie helfen mir beten, sonst wäre mein Gebet wirklich eintönig!" Niemand fügt etwas hinzu. Thomas ist überzeugt, eine gute Neuigkeit mitgeteilt zu haben, die alle fähig machen kann, tiefer und intensiver zu beten.

Aber die Stille ist nicht immer Zustimmung, sie kann auch nur Überraschtsein bedeuten. Am Abend flüstert ihm Jakobus vertraulich zu: "Thomas, ich habe jetzt verstanden, warum du gewöhnlich so traurig bist und nur lächelst, wenn du jemandem begegnest. Indem du immer Weltnachrichten suchst, wirst du zu einem Spiegel der Welt. So wendest du dich auch beim Beten der Welt zu und so kannst du nicht das Licht von Gott empfangen! Unsere Gebetsstunden sollten hingegen ein Betrachten des Angesichts Gottes sein; ein Zulassen, daß sein Licht uns anstrahlt und sein Friede uns erfüllt. Dann werden wir Spiegel Gottes für die Welt werden. Der Vater braucht nicht zu wissen, was in der Welt passiert: Er weiß es besser, als wir alle! Und du brauchst auch diese Kenntnis nicht, um mit Ihm zu sein: Er ist unsere Freude und unsere Fülle. Die Welt hingegen braucht sein Licht und seine Liebe. Schaut auf Ihn und ihr werdet glänzen!"

Thomas bedankt sich für die Vertraulichkeit, dann, nachdem er darüber nachgedacht hat, versteht er selber noch viel mehr. Er hat die Gelegenheit, mit Jakobus eine Woche später darüber zu reden. "Ich habe nachgedacht über das, was du mir gesagt hast. Ich habe verstanden, daß die Fernsehnachrichten mir nie erzählen, was Gott in der Welt tut. Und ich habe außerdem gemerkt, daß ich von den Fernsehsendungen nie den heiligen Geist, bekomme, den Geist, der den Menschen Frieden, Einheit und die Kraft, Gutes zu tun, schenkt."

Jakobus freut sich über die geistliche Einsicht des Bruders und dankt dem Herrn dafür. Inzwischen fährt Thomas fort. "Ich habe schon das TV-Abonnement abgesagt. Ich bin sicher, daß der Vater die Mittel finden wird, um mir die Ereignisse mitzuteilen, die wichtig sind, damit ich meinen Dienst gut verrichte. Ich vertraue auf ihn!"

Jakobus schlägt vor, das "Te Deum" zu singen, dankbar, daß Thomas eine so entschlossene Kraft bekommen hat, so gegen den Strom zu schwimmen.

 

 

5. Scheu Ihm gegenüber

Jakobus, Sohn des Alphäus, achtet sehr darauf, was rund um ihn passiert. Er achtet auf Worte, auf die Bewegungen, sogar auf die Grimassen seiner Brüder. Er besitzt einen außerordentlichen Scharfsinn, fast einen sechsten Sinn, der unbewußte Reaktionen und geheime Absichten errät. Und natürlich hält er seine Erkenntnisse nicht geheim. "Du hast gesagt: paß auf, das könnte schlecht interpretiert werden", "Du hast das getan; darin war aber eine gute Dosis Selbstliebe", "Du hast jenen Dienst erwiesen, aber..." und so weiter auf diese Tour. Er läßt sich nichts entgehen. Das Schöne ist, daß das, was Jakobus sagt, wirklich wahr ist: er hat immer Recht, so daß die anderen ihn ein bißchen fürchten, wenn er sich nähert, verbreitet sich eine gewisse Furchtatmosphäre von Unfreiheit.

Eines Tages aber kommt Andreas zurück; er war einige Zeit abwesend um etwas zu erledigen. Er bemerkt etwas; bemerkt, daß Jakobus ein strenges Gesicht hat, aus dem nie das sanfte und demütige Lächeln Jesu leuchtet. Nachdem er einige seiner Bemerkungen zur Verbesserung seiner Brüder beigewohnt hatte, versteht Andreas, was los ist.

Er nimmt den Bruder auf die Seite und sagt zu ihm: "Jakobus, du hast ein gutes Unterscheidungsvermögen, du bist imstande, die verstecktesten Fehler unserer Brüder zu erkennen; das ist bestimmt eine Gabe, aber wie soll man damit umgehen? Wenn du nur Bemerkungen machst, achtest du nur auf das Schlechte; du wirst Mitarbeiter des Bösen, denn du hebst sein Werk hervor. Die anderen Fühlen sich nicht wohl mit dir und du wirst schwer zu ertragen mit deinem richtenden und anklagendem Gesicht und Geist.

Wenn du etwas Schlechtes in den Brüdern siehst, segne sie und bete für sie. Sei nicht ein Handlanger des Bösen. Lobe den Herrn für die guten Absichten und für die guten Taten. ER ist würdig, daß man IHN ans Licht bringt und daß ER Herzen erfüllt."

Warum hatte ihm das früher niemand gesagt? Jakobus bedankt sich bei Andreas und fängt an. Innerhalb drei Wochen gelingt es ihm, die Betrachtungsweise über das Handeln der Brüder und die Art, auf sie zu hören, zu ändern. Er kann jetzt ermutigen und das bißchen Gute, das vorhanden ist, schätzen.

Das allgemeine Klima wird entspannter und alle setzen sich im brüderlichen Zusammenleben und im gegenseitigen Helfen in der Nachfolge Jesu ein.

 

 

6. Entmutigt, fast deprimiert

"Was hast du?", fragt Petrus besorgt Simon, den Kananäer. Simon ist in der Tat traurig, entmutigt, fast deprimiert.

"Ich bin sehr entmutigt", antwortet er, "denn ich folge dem Herrn schon seit 15 Jahren und ich bin noch ein Sünder - wie am Anfang." "Oh, mein armer Simon! Weißt du nicht, daß deine Entmutigung für uns eine viel schwerere Last ist als deine Sünde? Laß nicht zu, daß deine Sünde uns das Leben mit dir schwer macht!"

"Wie geht das?", fragt Simon. "Wenn du dich entmutigen läßt, heißt das, daß du deiner Sünde mehr Bedeutung schenkst, als der Gegenwart Jesu. Jesus ist mitten unter uns, auch wenn du merkst, daß du ein Sünder bist. Du mußt auf seine Gegenwart reagieren und froh sein und zulassen, daß diese Freude über Ihn, deine Traurigkeit über Schwachheit und Sünde überwindet und überdeckt." "Ich weiß nicht, wie ich es machen soll."

Andreas kommt Petrus zu Hilfe: "Hör Simon, tu, wie ich tue: sobald ich merke, daß ich gesündigt habe, sage ich: 'Herr Jesus, vergib mir. Hab Erbarmen und rette mich. Ich verdiente die Hölle, wenn du nicht wärst!' und fertig. Dann setze ich mein Gebet fort und sage: 'Du verdienst es, daß ich mich an dir freue, denn du gibst mir Hoffnung und Vergebung! Ich bin wirklich froh über dich!' Ich sage das, und dann lächle ich Jesus und alle an, denn ich gehöre ihm und ich will ihn einen guten Druck machen lassen. Tu du auch so, Simon, wie ich es mache!"

"Ja, wirklich so!", endet Petrus.

Nach zwei Tagen begegnet Bartholomäus dem Simon, der ihm glücklich zulächelt: "Was ist Simon?", fragt der Apostel aus Kana, verwundert über die Veränderung des Freundes. "Oh, nicht! Ich habe eine Sünde begangen!" Bartholomäus bleibt ohne Worte: er versteht das Verhalten Simons nur nachdem Andreas ihm von der vorangegangenen Unterredung erzählt.

 

 

7. Ich bete, wie es mir paßt

Thomas überrascht seine Brüder, als er selbstsicher vor allen sagt: " Ich bete, wenn mir danach ist." Er ist mehr als ruhig, er ist sicher, einen hohen Grad Freiheit erreicht zu haben und vom Gebet einen Akt gemacht zu haben, der in hohem Maß frei ist. "Was hat das Gebet für einen Wert, wenn ich dazu nicht aufgelegt bin?"

"Das Herrchen! Du betest, wenn es dir gefällt? Wem gehorchst du? Hast du aufgehört, Jesus zu gehorchen? Du hast zu ihm gesagt: 'Mein Herr' und jetzt gehorchst du ihm nicht mehr?" Die Worte von Philippus sind klar, aber Thaddäus fügt hinzu: "Du gehorchst nicht Jesus, sondern deinen Gefühlen. Die deine ist nur eine relative Freiheit, eine leichtere Sklaverei." Thomas, der sich vor allem Zustimmung erwartete, bleibt verdattert da: "Nein, nein, ich will Jesus gehorchen!" "Dann bete, wenn Er dich danach fragt, und nicht, wenn du dich dazu fühlst!" "Ihr habt Recht", gibt Thomas demütig zu, "aber laßt mich mindestens beten, wie es mir paßt. Ihr hingegen, wenn ich den Wunsch hätte, ein freies Gebet mit erhobenen Armen zu formulieren, setzt mir die Psalmenliturgie vor oder schon vorgegebene Gebete. Wenn ich bereit wäre, Psalmen zu singen, dann kommt ihr mir mit freien Gebeten und Tänzen." "Oh, armer Thomas!", mischt sich Andreas ein, "hör mir zu; das beste Gebet ist nicht jenes, das dir gefällt, sondern jenes, das dem Herrn gefällt!" "Sicher, Er ist es, der von unserem Gebet die Ehre empfangen soll", davon scheint Thomas überzeugt zu sein. "Das heißt?", fährt der Bruder Simons fort. "Das schönste Gebet ist nicht jenes, das uns gefällt, sondern das Gebet des Gehorsams. Wenn Jesus dich gehorsam sieht, erkennt Er dich Ihm ähnlich, er fühlt, daß du eins mit Ihm bist. Du kannst ruhig die Art des Betens annehmen, die dir vorgeschlagen wird. Auch wenn es dir nicht gefällt, gefällt Jesus bestimmt die gehorsame Liebe, die du da einbringst."

Thomas sagt nicht mehr dazu. Er ist den Brüder dankbar, er hat den Wert des Gehorsams verstanden und hat angefangen, ihn zu üben, nicht nur bezüglich des Gebetes, sondern auch bei den verschiedenen täglichen Arbeiten und Pflichten. "Die Arbeiten und Beschäftigungen, die Jesu gefallen, sind weder die, die gut gelingen, noch die, die gewünschten Früchte bringen. Es sind eher jene, für welche ich eine gehorsame Liebe einsetze." So drückt sich der Apostel aus, dessen Finger und Hand die Wunde Jesu berührt haben.

Jetzt tun seine Finger und seine Hand nicht mehr, was er will, was ihm gefällt, was ihm gut vorkommt, sondern das, worum er gebeten wird. Jetzt will Thomas nur gehorchen. Und wenn Gehorsam Sterben bedeutet, verkostet er schon die Freude der Auferstehung.

 

 

8. Eine unbewußte Form des Egozentrismus

Bartholomäus ist der Mann der Begeisterung. Wenn er etwas Schönes sieht, ist er begeistert, wenn er in seinem apostolischem Dienst Erfolg hat, begeistert er sich. Auch wenn die anderen merken, beim Predigen den Segen Gottes zu spüren, begeistert er sich. Und wenn er von etwas begeistert ist, läßt er seine fröhliche Stimme ertönen. Alle drehen sich um, um ihn zu sehen. Mancher sucht ihn sogar, denn seine Nähe läßt das Leben weniger eintönig erscheinen.

So vergehen die Monate. Wenn nichts Besonderes passiert, ist Bartholomäus versucht, das Außergewöhnliche im Gewöhnlichen zu sehen, denn jetzt weiß e, daß alle seine "sympathischen" Begeisterungsausbrüche erwarten.

Aber Bartholomäus bemerkt nicht, was hingegen Johannes bemerkt. Dieser einfache und demütige Bruder, der im Bewußtsein lebt, ständig von Jesus geliebt zu sein, möchte immer zu seinem Herrn hingewandt bleiben. Die Begeisterungsausbrüche von Bartholomäus gefallen ihm, aber mit der Zeit stellen sie ihm einige Fragen. Er bemerkt, daß die Ausrufe und das Lachen - anstatt zu helfen, den Blick auf Jesus zu richten - zerstreuen. Und so greift er behutsam ein.

Sie spazieren zusammen zwischen Olivenbäumen, als er sagt: "Wenn du erlaubst, Bartholomäus, möchte ich dir etwas sagen." "Ja, sicher! Für mich ist es immer eine Freude, deine Weisheit zu hören!" "Siehst du, ich bin sicher, daß du Jesus liebst und ich danke dir! Jedesmal, wenn du von Seinen Wundern hörst, freust du dich. Aber deine Art, dich zu freuen, ist so äußerlich, daß - wer dich sieht oder hört - sich zu dir hindrehen muß und somit sein Geist von Jesus abgelenkt wird. So bewirkst du die gegenteilige Wirkung, die du dir wünscht. Die Begeisterung ist der Depression ähnlich: sie zeiht die Aufmerksamkeit auf sich."

"Also ist es eine versteckte Form von Egozentrismus?" "Ja, auch, aber viel mehr ein Verhalten, das Jesus hindert, Zentrum unserer Aufmerksamkeit zu sein. Eine ungefährliche Art, dem geistlichen Leben, dem tiefen Verhältnis zum Herrn, zu schaden." Bartholomäus versteht. Er bedankt sich und geht allein und still weiter. Es ist eine Stille voller Lieber. Wenn er den anderen begegnet, gestikuliert er nicht und schreit nicht aus Freude oder im Scherz, so daß die anderen sich wundern. Er selbst nimmt später die Gelegenheit wahr, sich zu erklären. "Ich bitte euch um Verzeihung, Brüder. Mit meinen Begeisterungsrufen habe ich der Lüge Platz gemacht, dem Verhalten, das Jesus versteckt. Jedesmal, wenn ich 'explodierte' - wenn auch gutgemeint - stellte ich mich vor Ihn. Ihr wart gezwungen, auf mich zu schauen, anstatt auf Ihn. Er blieb verborgen. Verzeiht mir. Und ich bitte euch um Hilfe, denn sicherlich werde ich weiterhin in diese Schwachheit fallen. Ich bin so daran gewähnt...."

Johannes lächelt. Petrus dankt dem Herrn. Mancher macht große Augen: wer hätte gedacht, daß die Begeisterung Zerstreuung sein könnte und daß sie Lüge heißen könnte.

Jakobus sagt laut, aber in Demut: "Bartholomäus, wir vergeben dir in Jesu Namen. Und Jesus selber vergibt dir, denn er ist sanftmütig und von Herzen demütig."

Von diesem Moment an ist Bartholomäus glücklich über die Werke Gottes, aber in einer stillen Art. Und komisch - er sieht jetzt viel mehr davon! Und wenn er sie sieht, geht er in sich und sagt: "Dieser Eingriff, Herr, ist sehr schön. Ich bin froh über Dich. Deine Gegenwart ist Grund zur größeren Freude, als deine eigenen Werke!"

 

 

9. Ein schneller Name

Philippus hat einen schnellen Namen: Freund der Pferde. Und in der Tat hat er es eilig. Er hat es eilig, die Resultate seiner Mühe zu sehen. Geht er predigen? Am nächsten Tag möchte er zurückkehren, um zu sehen, ob sich jemand bekehrt hat. Macht er den Kindern eine Katechese? Er möchte sie sofort verwandelt sehen, während des nachfolgenden Spiels. Verkündet er das Evangelium in einer ungläubigen Umgebung? Er erwartet sich, daß jemand ihm zustimmt und ihm sagt: "Du hast gut gesprochen, danke!"

Tatsächlich fragt Philippus eines Tages Petrus, ob er ins Dorf zurückgehen darf, wo er am Tag zuvor "apostolische" Gespräche gehabt hat. Und er begründet so seine Anfrage: "Ich möchte sehen, ob etwas entstanden ist, ob jene Person sich bekehrt hat." Petrus bleibt einen Moment still, dann fragt er Philippus: "Hast du den Salat gesät, Philippus?" Was für eine komische Frage!

"Ja, letzte Woche, beim abnehmenden Mond", antwortet Philippus. "Und hast du kontrolliert, ob er schon Wurzeln geschlagen hat?" "Bist du verrückt? Wenn ich jetzt die Samen aufdecke, werden sie nicht sprießen und die Blätter werden erst später kommen.

"So ist es für den Samen des Wortes, den du gestern verkündet hast. Geh ruhig schlafen. Jenes Wort, wenn es Gottes Wort, lebendiges Wort war, wird zu seiner Zeit Wurzeln schlagen und Früchte tragen. Wenn man sofort nachschaut, wenn man schnelle Ergebnisse erwartet, hindert man womöglich die Arbeit des heiligen Geistes. Sei froh, daß du dem Herrn gedient hast, indem du sein Wort verkündet hast, und beschäftige dich nicht mit Anderem, als weiterhin dem Herrn zu dienen, wie Er es von dir verlangt. Das Wort, das du gesät hast, gehört Ihm und Er wird sicher jemanden senden, zu gießen und zu ernten. Dein Herz soll nur zu Ihm sich richten!"

Philippus gehorcht und erneuert seine Liebe zu Jesus, zu Ihm allein.

In seiner Eile, Resultate zu sehen, steckte in der Tat auch etwas Selbstliebe, Suche nach Anerkennung und Ehrgeiz. Petrus - mehr als feinfühlig - hatte ihm das nicht gesagt. Aber nachdem Philippus gehorcht hat, bekommt er Licht auch über diese Seite seines Herzens.

 

 

10. Das Gute, das man tun soll

Andreas ist stolz auf seinen Namen - er bedeutet: Mann, starker Mann! Er weiß, daß er ein Mann ist, aber, er denkt leider wie die Männer, daß reif sein, heißt, unabhängig zu handeln, nie jemanden zu fragen, seine Zeit und Kräfte selber einzuteilen. Und so passiert es, daß er immer öfter mit Verspätung zu den Gemeinschaftstreffen kommt. Die Verspätung wird immer länger, bis Andreas nicht mehr kommt. Für ihn sind die Gemeinschaftstreffen Zeitvergeudung. Er hat etwas Besseres zu tun. So entschuldigt er sich vor den fragenden Blicken von Judas und Matthäus. Als dann sein Bruder Petrus ihn vor der Tür aufhält, um eine Rechtfertigung über seinen neuen Lebensstil zu erfahren, zeigt Andreas kein Zögern. "Ich habe Gutes zu tun. Jedesmal finde ich etwas Gutes zu tun; da kann ich mich nicht zurückziehen." Die Neugierde von Petrus ist gestillt, die Reife von Andreas ist bewiesen.

Aber Petrus findet keinen Frieden. Etwas ist nicht in Ordnung, etwas läßt ihm keine Ruhe. Das Schlüsselwort seines Bruders ist: "das Gute tun". Dieser Satz beschäftigt Geist und Kopf des Petrus. "Das Gute tun!" Das Wort hat er nie von Jesus gehört. Wo kommt es her?

Nach vielen Überlegungen kommt Petrus zur Einsicht. Dieser Satz ist alt, er kommt aus dem Mund der Schlange, die Eva und Adam zu Fall gebracht hat. Das Gute, das man tun zu müssen glaubt, ist das, was uns betrügt; ist die im Licht verkleidete Finsternis; ist das, was den Menschen dazubringt, zu überlegen, anstatt zu gehorchen. Wenn der Mensch zu überlegen anfängt, findet er tausend Gründe, um nicht zu gehorchen, das heißt zu tun, was er will. Jesus ist nicht in die Welt gekommen als derjenige, über das zu tuende Gute überlegen muß, sondern als derjenige, der dem Vater gehorcht. Petrus kommt durch die Sätze von Andreas zur klaren Einsicht. Und die größte Klarheit hat er in der Nacht bekommen, in der Schlaflosigkeit, die ihm das "überlegene" Verhalten des Bruders verursacht hat: der wirklich reife Mann ist Jesus. Der wirklich reife Mann ist der Sohn Gottes, jener Sohn, der sich nie schämt "Sohn" zu sein und zu bleiben, der immer vom Vater abhängig und Ihm gehorsam ist.

Der reife Mann, geistig reif, reif im Verhältnis zu Gottvater, ist der Mann, der seine Sohnschaft ganz verwirklicht. Jesus war mit den Dingen seines Vaters beschäftigt, indem er sich Maria und Josef unterstellte: so hat er an Alter und Gnade zugenommen. Und wir sind auch auf dem Weg, auf Christus hin zu wachsen. Für Petrus ist alles klar. Es fällt ihm aber schwer, das alles Andreas zu vermitteln: schwer die Worte zu finden, schwer den richtigen Moment zu finden.

Mut gibt ihm das Gebet für den Bruder, eigens mit Johannes verrichtet: den Freund, mit dem er von Anfang an Jesus gefolgt war. Andreas scheint verstanden zu haben. "Das Gute, das man tun muß", ist oft die Gelegenheit, um nicht sich selber zu sterben, sondern um Befriedigung und Zugeständnisse und das eigene Ich zu finden. Jetzt findet er im Gehorsam seine Brüdern gegenüber ein noch größeres "Gut", denn das verwirklicht die Einheit, welche das Zeichen der Gegenwart Jesu, des Retters ist. Jesus ist derjenige, der den Menschen rettet, nicht "das Gute, das ich tue".

Andreas verpflichtet sich, die Einheit zu suchen, koste es auch einen schweren Gehorsam! Und so findet er in sich wieder eine neue Reife, die ans Göttliche grenzt: im Göttlichen des Geistes Jesu, des Gehorsamen. Das "gute", das von seinem Leben jetzt ausgeht, ist viel größer, es erreicht tiefere geistige Dimensionen, es bewirkt "ewiges Leben"!

Andreas hat wirklich verstanden - er kommt nicht mehr zu spät.

 

 

11. Eine Krankheit

Jakobus leidet an Skrupel. Man sollte ihn rücksichtsvollerweise nicht beim Namen nennen, aber er selber ist es, der die Skrupel nicht verbergen kann, obwohl seine Krankheit nicht bekannt werden sollte. Wer merkt sie nicht?

Eines Tages fällt das Gespräch bei Tisch auf die geistlichen Krankheiten. Bartholomäus stellt allen die Frage, aber alle verbleiben in betroffener Stille. Sie sind besorgt, daß Jakobus beleidigt sein könnte oder von der Antwort beleidigt würde. "In welchem Sinn ist die übertriebene Gewissenhaftigkeit eine Krankheit?" Jetzt steht die Frage im Raum und kann nicht ohne Antwort bleiben. Wer ist am geeignetsten zu antworten? Petrus denkt an Johannes, denn er hat darunter eine Zeitlang gelitten. Mit einem Blick lädt er ihn ein, die Stille zu brechen. "Mir kommt vor, daß übertriebene Gewissenhaftigkeit mehr das Symptom einer Krankheit ist, als eine eigentliche Krankheit. Das eigentliche versteckte Übel, ist der Mangel an Glaube. Der Skrupelhafte achtet übermäßig auf seine eigenen Taten, auf die inneren Rückwirkungen seiner Handlungen, auf die Gedanken, die sich daraus ergeben: die echten und die eingebildeten.

Der Skrupelhafte ist terrorisiert von der Sünde, vom Gedanken, eine Sünde begangen zu haben, die Gnade und die Liebe Gottes verloren zu haben. Er findet nie den Frieden und er fährt ständig fort, an das zu denken, was er getan hat, daß er vielleicht etwas falsch gemacht hat. Er sagt nichts, aus Angst, daß aus seinem Munde eine falsche Sünde kommen könnte. Er leidet und magert ab in diesem Karussell von Gedanken, die immer um sich selber kreisen. Er vertraut sich nicht der Liebe des Vaters. Er meint, daß er 'sein eigener Gläser' ist." Jakobus versucht, sich hinter einem besonders heiteren Gesicht zu verbergen, um vorzutäuschen, daß dies nicht seine Situation ist.

Johannes fährt fort: "Die Aufmerksamkeit des Skrupelhaften ist so auf sich selbst gerichtet, daß er sehr nachtragend werden kann; er ist immer bereit, sich zu verteidigen und zu entschuldigen. Es ist nicht schwer, zu verstehen, daß diese Haltung von einem Glaubensmangel herrührt.

Der Skrupelhafte ist überzeugt, daß alles von ihm abhängt: die Angst, eine Sünde begangen zu haben; die Angst, eine andere zu begehen, weil er nicht gebeichtet hat. Ist das nicht fehlendes Vertrauen dem erbarmungsvollen Herzen des Vaters gegenüber? Ist das nicht eine Einstellung, daß der Mensch zum Heil kommt durch seine eigenen Tugenden und durch seine fehlerfreien Handlungen und nicht hingegen durch die Gnade, die er vom Vater bekommt, der auf das Opfer Jesu für uns schaut? Der Skrupelhafte will schlußendlich perfekt sein, keine Vergebung brauchen, nicht immer der Schuldige sein. Und das ist Stolz. Der Skrupelhafte will sich vor Gott schützen: er sieht Ihn nicht als Vater, sondern als unerbittlichen Richter. Deswegen hat er Angst vor Ihm!"

Alle hören still zu. Jakobus fühlt sich immer mehr erkannt. "Den Skrupelhaften heilt man nicht mit Mitleid, noch mit dem Zufriedenstellen, indem man zu ihm sagt: ach, das ist doch keine Sünde! Die einzige Art, ihm zu helfen, ist ihn zum Glauben zu führen, dem liebenden Vater Vertrauen zu schenken, der uns heilt und der uns durch das Blut Jesu rettet, nicht durch unsere Vollkommenheit. Also Vertrauen in Gottvater und über sich selber lachen: die Hölle annehmen, die wir durch unser Tun verdient hätten und den Himmel als Geschenk annehmen. Man könnte dem Skrupelhaften sogar raten, einige harmlose Verhaltensregeln absichtlich zu mißachten, um das Vertrauen in den zu üben, der uns liebt, nicht weil wir korrekt oder streng oder perfekt sind, sondern weil Er gut ist!"

"Es kann genügen", sagt Petrus zu Johannes. Bartholomäus fügt hinzu: "Ich war der Meinung, daß diese Sache nicht so ernst ist!" Und Matthäus: "Unter den Jüngern Jesu ist eine solche Krankheit wirklich schlimm, denn sie verhindert das Zeugnis, daß die Rettung vom Herrn kommt." "Vergebt mir!", spricht Jakobus - alle hören überrascht zu.

"Ich bitte euch, mir im Namen Jesu zu vergeben; ich habe die Skrupel wie einen Reichtum in mir angesehen; ich dachte, daß die beharrliche Annahme, ein Sünder zu sein, größeres Heil bringt, als das Heil, das Jesus dem Sünder zusagt. Ich habe mich und euch betrogen. Ich werfe mich in die Arme des Vaters, vertraue meine Sünden und meine Fehler dem Blute Jesu an. Danke, Bartholomäus, für deine Frage. Danke, Johannes, für deine Antwort!"

Ein Aufatmen geht von Stuhl zu Stuhl und Petrus steht auf, um Jakobus zu umarmen, der eine Träne der Demut nicht verbergen kann. Eine Träne, die ihm vorher der Stolz nicht vergießen ließ.

 

 

12. Immer auf zwei Ebenen

Es scheint, daß Judas Thaddäus nie zufrieden ist. Wenn seine Brüder über materielle und spirituelle Dinge reden, mischt er sich immer mit einem "Ja, aber..." ein. Seine Wortmeldungen kann man so zusammenfassen: "In geistlicher Hinsicht ist es so, aber auf menschlicher Ebene müßte man...", oder "Ja, auf menschlicher Ebene ist es so, aber auf der Glaubensebene müssen wir dem Rechnung tragen..." Eines schönen Tages ist Philippus müde, den Judas von einer "Ebene" zur anderen zu folgen und platzt humorvoll heraus: "Mein lieber Bruder, man weiß nie, wo du bist, du rennst von Ebene zu Ebene. Du müßtest müde sein! Halte endlich einmal inne!" Johannes fügt hinzu: "Was mich betrifft, bleibe ich auf der Ebene des Glaubens; ich berücksichtige immer das Werk des Vaters, der sich sogar um das Essen und die Kleidung seiner Kinder sorgt. So, kommt mir vor, daß es keine 'menschliche Ebene' geben kann."

Jakobus ergänzt die Lehre des Bruders: "Mir kommt vor, daß auf der menschlichen Ebene der Fürst dieser Welt stark arbeitet. Es gelingt ihm, menschliche Gefühle und Reaktionen hineinzustreuen und sie auch zu rechtfertigen. Auf der Glaubensebene gelingt es ihm nicht, Fuß zu fassen. In der Haltung, die dem Vater Vertrauen schenkt, ist der Heilige Geist am Werk. Ich will mit meinen Überlegungen und mit meiner Vernunft immer auf dieser Ebene bleiben." Judas ist jetzt überzeugt. Er vermischt nicht mehr die zwei Ebenen und als Petrus ihn sucht, um eine wichtige finanzielle Entscheidung zu treffen, findet er ihn mit seinem ganzen Haushalt fest auf die Glaubensebene übersiedelt.

 

 

13. Identitätskrise

Andreas macht eine starke Identitätskrise durch. Dies ist keine neue Erfindung, obwohl sie erst seit kurzem unter diesem Namen bekannt ist. Also, Andreas kommt von einer schwierigen Missionsreise zurück und vertraut sich den andren an: "Ich verstehe nicht mehr, was die Rolle des Christen in der Welt ist. Was machen wir Christen eigentlich in dieser Welt? Ich habe mich - mit Mühe - in einem Krankenhaus als Krankenpfleger anstellen lassen. Ich war überzeugt, daß ein Christ diese Arbeit besser als jeder andere leisten kann. Wer hat mehr Respekt für die Person, als ein Christ?

Statt dessen habe ich bessere Krankenpfleger gefunden als mich. Ich war ab und zu ungehalten über die absurden Forderungen mancher Patienten oder über die Abwesenheit manches Arztes. Ich habe andere Kollegen, die nicht Christen sind angetroffen, mit einem größerem Herz angetroffen, als das meine und mit einer Fachkenntnis, welche die meine - mit Opfer erworbene - übersteigt. Ich war sicher, daß in diesem Beruf niemand einem Christen gleichkäme, statt dessen habe ich auch hier festgestellt, daß es bessere Lehrpersonen als mich gibt. Was soll ein Christ in dieser Welt tun?" "Wärest du Straßenkehrer der Gemeinde geworden, so hättest du auch dort jemanden gefunden, der dich in Puncto Kompetenz und Verfügbarkeit übertrifft!" Sein Bruder Petrus mischt sich ein und fährt so fort: "Unser Herr und Meister hat nie gesagt, daß wir besser als die anderen sein müssen. Er hat uns nicht in die Welt gesendet, weil dort gute Arbeiter, gute Politiker oder gute Ärzte fehlen. Jesus hat uns geschickt, nichts zu verbessern. Er hat uns um sich versammelt und hat uns gesandt, damit wir seinen Namen und seinen Geist in die Welt bringen." Andreas schaut seinen Bruder mit Gesicht, das sich langsam entspannt, an.

"Wir haben nicht die Aufgabe zu verbessern, sondern zu erneuern. Und wir erneuern, wenn wir in uns das neue Leben, den Geist Gottes, tragen. Du sollst nicht Kompetenz in die Krankenhausabteilung bringen: als Pfleger schon, als Christ aber mußt du den Heiligen Geist bringen, den du hier im Gebet, in der Eucharistie, in der Liebesbeziehung mit denen Glaubensbrüdern bekommst. Wer bringt den Heiligen Geist den Schuldienern, den Lehrern, den Schülern, wenn nicht der Christ, der in ihre Umgebung kommt als einer von ihnen? Das ist unsere Identität, mein Bruder!"

Es sieht so aus, daß die Krise aus dem Gesicht Andreas' schon verschwunden ist, als er entdeckt oder wiederentdeckt, daß die Identität eines Christen die des Geistes ist, von dessen Salbung sein Name "Christ" stammt. Er ist nämlich gesalbt von Jesus, dem Gesalbten schlechthin! Und Jakobus, der das Gespräch verfolgt hat, ergänzt: "Der Heilige Geist macht uns zu 'Christen', vereint uns zu einem neuen Volk, das imstande ist, Gott 'Vater' zu nennen! Die Identität eines Christen ist das Leben in Gemeinschaft und Brüderlichkeit, das er in der Kirche lebt, in die er aus Gnade, als Geschenk von oben gestellt wird!"

Andreas bedankt sich bei Petrus und bereitet sich mit Jakobus auf die Feier vor, welche sie in die Freude und in das himmlische Licht einführt.

 

 

14. Siegesfähig

Simon, der Zelot: wußte der Herr, als er ihn rief, daß sein Charakter so impulsiv war?

Simon nimmt sich kein Blatt vor den Mund. "Ich bin aufrichtig. Was ich zu sagen habe, sage ich. Was ich drinnen habe, muß heraus. Wenn man mich ärgert, reagiere ich sofort. Wer es sich verdient, dem geschieht recht!"

Und wirklich reagiert Simon mit Impulsivität, er reagiert mit einer Impulsivität, die an Gewalt grenzt - natürlich nur verbal - auf das nicht immer glückliche Verhalten seine Mitbrüder. Und diesen wird durch seine Reaktionen nicht gerade geholfen, zu ihm Vertrauen zu haben. Er bleibt daher ziemlich allein. Das Heil Gottes läuft Gefahr, wegen seines Verhaltens sich nicht in der Gemeinschaft zu zeigen.

Petrus, der eine persönliche Erfahrung von Impulsivität hat, fühlt sich verpflichtet, Simon zu helfen. Die Gelegenheit kommt eines Tages, als dieser Mitbruder sich seiner "Aufrichtigkeit" rühmt.

"Mir wäre lieber, Sieger zu sein", sagt Petrus.

Dieser lapidare Satz trifft Simon. "Was heißt 'Sieger' zu sein?" "Ich empfinde Impulsivität als eine Versuchung; Versuchung, die mich daran hindert, den heiligen Geist von den anderen Geistern zu unterscheiden und die mich der Wut der vorschnellen Urteile und der Gewalt preisgibt. Die Impulsivität läßt keinen Raum für jene Früchte des heiligen Geistes, die Selbstbeherrschung, Milde und Geduld genannt werden. Die Aufrichtigkeit, über die du stolz bist, ist für mich mehr ein Nachgeben gegenüber der Versuchung, als Sieg über sie. Die Liebe ist geduldig und kann warten, kann leiden und ertragen. Deine Aufrichtigkeit vertreibt die Liebe, vertreibt den heiligen Geist und ist deswegen nicht Ursprung von Gemeinschaft! Wenn du willst, Simon, beten wir zusammen, rufen den heiligen Namen Jesus an, damit er dir hilft, Sieger zu werden. So leuchte auch in deiner Verhaltensweise die Wahrheit der Liebe Gottes und seiner Geduld, auch in deiner Verhaltensweise uns gegenüber." "Da bin ich", sagt Simon, "was du sagst, ist wahr und ich danke dir. Beten wir ruhig, denn die Gabe, die ich empfangen muß, ist groß, und wenn ich sie nicht vom Herrn bekomme, werde ich nie imstande sein, zu siegen."

 

 

15. Große Schwierigkeit, zu beichten

Die Zusammenkunft ist bald zu Ende. Alle sind gelassen, denn sie haben sich geöffnet; ein jeder erzählt, was Gott in seinem Leben und in seiner Umgebung getan hat. Die Atmosphäre ist so familiär geworden, daß man gerne noch etwas beisammen ist. Simon Petrus fühlt sich ermutigt, sein Herz den Mitbrüdern zu öffnen. "Ich habe immer große Schwierigkeit, zu beichten. Wenn es dazu kommt, kommen so viele Überlegungen in mir auf, die mich von dieser Gnade abhalten möchten. Meine Sünden einem Mann erzählen? Einem, der vielleicht schlechter ist, als ich? Einem von euch, der mich schon kennt? Manche meiner Sünden könnten verwundern oder beim Mitbruder, dem ich sie erzähle, Anstoß erregen! Und mich überkommt die Scham, alles, wirklich alles zu sagen. Es kommt die Versuchung auf, etwas zu verschweigen. Alles in allem, es ist eine große Mühe!" Einige Erleichterungsseufzer folgen. Niemand wundert sich - ist es also eine allgemeine Schwierigkeit?

Es entsteht eine Pause der Stille, ohne Verlegenheit. Diese wird von Johannes unterbrochen. "Auch ich habe lange Zeit Schwierigkeit gehabt, bis mir das Wort des Herrn eingefallen ist, mit dem er uns einlädt, alles aus Liebe zu tun. Dann habe ich mich gefragt: beichtest du aus Liebe? Oder gehst du aus Egoismus beichten? Ich habe gemerkt, daß meine Beichten vom Wunsch bewegt waren, mich in Ordnung zu fühlen; vom Willen, keine Gewissensbisse mehr zu spüren, oder einen Druck auf der Seele. Ich beichtete, weil ich mich selber liebte, nicht aus Liebe zu Jesus!"

"Ja, dies ist normal! Ich finde keine andere Motivierung, die mich zum Beichten ermuntert", bemerkt Judas spontan, aber Johannes fährt fort: "Ich habe angefangen, mich zu ändern, als einer von euch zu mir sagte: 'Mit Sünden auf dem herzen bist du nicht mehr ein guter Zeuge von der Erlösung Jesu. Die Sünden bremsen die Freude des Geistes, sie bremsen die Großmütigkeit gegenüber den Brüdern. Dieses Übel erlaubt dir nicht, ein geeignetes Werkzeug für das Reich Gottes zu sein.' Dann habe ich mich an Jesus gewendet: 'Aus Liebe, Jesus, komme ich zu dir und lasse mir vergeben. danke für das Sakrament der Vergebung, mit dem du, durch das Wort und die Hand deines Priesters, mich wieder aufrichtest und in mir das Licht und die Kraft deines Geistes erneuerst! Wenn du mir vergibst, bin ich wieder geeignet, deinem Reich zu dienen, bin ich von neuem Zeuge deiner Rettung und wieder offen und großzügig meinen Mitbrüdern gegenüber!' Mit dieser Aufmunterung und mit diesem Gebet war ich imstande, die Versuchung der Scham zu besiegen und auch alle anderen Überlegungen, die mich daran hinderten, dem barmherzigen Jesus zu begegnen!"

"Danke, Johannes!", Petrus ist wirklich dankbar für dieses neue Licht, das einen der kostbarsten Momente des Lebens erleuchtet, eine von den Begegnungen mit Jesus, die der Feind Gottes und des Menschen am meisten behindert.

"Auch ich danke dir!", ruft Matthäus aus. Er, der in die Nachfolge Jesus gerufen worden war, als er von Sündern umgeben war, hatte auch vergessen, daß die Liebe des Herrn immer Barmherzigkeit ist; es ist eine Liebe, die nur sündigen Menschen zuteil wird, die der ständigen Vergebung bedürfen. Er dachte, daß wenn man einmal Jünger ist, man nicht mehr sündigen könnte - und lebte - von einem gewissen Stolz, deswegen beichtete er nie. Jetzt ist das Licht, das von der Antwort des Johannes an Petrus aufleuchtet Ansporn, alles zu überdenken, sich zu demütigen und seine eigenen Unvollkommenheiten zu sehen. Er sucht sofort Petrus und nimmt ihn zur Seite. Er wird von neuem geboren. Jesus ist noch der Retter! Besonders für die Seinen.

 

 

16. Die Zerstreuungen beim Gebet

"Ich werde nicht mehr zur Anbetungsstunde kommen, Brüder!" Wer ist jener, der eine so drastische Entscheidung mitteilt? Es ist Matthäus. Niemand hätte das von ihm erwartet. Alle sind überrascht und erwarten sich eine Erklärung. "Wundert euch nicht. Ich schätze Gebet und Anbetungsstunde sehr. Gerade deswegen habe ich mich dazu entschlossen. Für mich ist diese Stunde eine große Qual, denn ich bin immer zerstreut. Ich wünsche den Vater anzubeten, aber es kommt eine Zerstreuung nach der anderen; sobald ich mich von einer erholt habe, kommt die nächste. Ich will euch nicht betrügen. Und ich will mich selber nicht betrügen." Bartholomäus schaut Johannes an. Philippus spitzt die Ohren, um zu hören, ob Petrus zu sprechen anfängt. Jakobus wird nachdenklich und genauso Andreas. Simon sieht abwesend aus, während der andere Jakobus im Buch der Psalmen blättert, um eben die nächste Anbetungsstunde vorzubereiten. Thaddäus scheint sorglos, aber er ist es nicht. "Wenn es darum ginge", sagt er gelassen, "würde ich nicht einmal das Morgengebet sprechen." Aber Matthäus bleibt entschlossen bei seiner Überzeugung.

"Für einige Zeit habe ich auch diese Anschauung gehabt", setzt Thaddäus fort, "später habe ich angefangen, die Zerstreuungen beim Beten wie ein Geschenk zu betrachten." Alle schauen ihn neugierig an. "Ja, ich habe gemerkt, daß jede Zerstreuung Gelegenheit für einen neuen Akt der Liebe zu Jesus wird. Wenn mir ein Gedanke kommt, der mich vom Gebet abhält, bemerke ich es früher oder später. Dann gebe ich sofort diesen Gedanken Jesus ab und sage ihm: 'Ich komme wieder zu dir!' Und dies ist ein Akt der Liebe zu ihm. Während der Anbetungsstunde kann ich bis zu fünfzig Zerstreuungen haben, aber sie verwandeln sich in fünfzig Liebesakte. Wenn ich keine Zerstreuungen hätte, gäbe es einen einzigen Akt der Liebe!" Das Gesicht von Petrus, das vorher besorgt war, entspannt sich.

"Mein lieber Matthäus, nur Mut! Ein bißchen Demut! Jesus schätzt auch die kleinen Liebestaten, mit denen du versuchst, die Zerstreuungen zu überwinden. Er schätzt sie mehr als große Dinge, die vielleicht nur dazu dienen, unseren Hochmut zufriedenzustellen, der sich auch unseres Gebetes bedient, um uns aufzublasen und uns so von unserem Gott, der die Liebe ist, zu entfernen!"

Nach einer kurzen Stille fragt Matthäus Jakobus, der noch beim Psalmenbuch ist: "Wann fangen wir an?"

 

 

17. Wenn ein Bruder mich um Verzeihung bittet...

Philippus überrascht Judas Thaddäus, während er Bartholomäus antwortet: "Aber nein, es ist nicht so schlimm, ich habe es nicht einmal bemerkt!"

Philippus weiß nicht, was passiert ist, aber er merkt, daß es ihm mit den Worten des Freundes nicht ernst ist. Er bleibt stehen und schaut die zwei mit dem offenkundigen Wunsch an, mehr zu erfahren. Bartholomäus gibt ihm Auskunft. "Ich habe Philippus um Verzeihung gebeten, weil ich zu ihm unhöflich war. "Und ich", sagt Judas, "weiß nicht, warum er sich bei mir entschuldigt, ich habe gar nichts gemerkt." Philippus bleibt nachdenklich und ernst. "Was ist Philippus - stimmt etwas nicht?"

"Ja, mir kommt vor, daß etwas nicht stimmt. Wenn ein Bruder mich um Verzeihung bittet, muß ich ernsthaft auf ihn hören. Wenn ich seine Sünde nicht bemerkt habe, heißt dies nicht, daß er sie nicht begangen hat. Wenn ich ihm nicht vergebe, bleibt die Sünde als etwas, das die vollkommene Einheit und die volle Freude verhindert. Deswegen mußt du, Judas, Bartholomäus das vergeben, worum er dich um Verzeihung bittet, nicht das, was du nicht gemerkt hast. Im Gegenteil, wenn wir vergeben, vergeben wir immer im Namen Jesu. ER ist das einzige Lamm Gottes, das unsere Sünden auf sich genommen hat. Es gibt keine andere Möglichkeit, echter Vergebung. Deswegen, Judas, vergib dem Bruder, indem du zu ihm sagst: 'Ich vergebe dir gerne in Jesu Namen!' So bleibt zwischen dir und ihm die Gnade und das Licht des heiligen Namens und eure Einheit wächst in seinem Geist!"

Judas - getröstet von diesen Worten - zeigt sich froh und will sich Bartholomäus zuwenden, aber Philippus macht noch eine Bemerkung: "Mir kommt vor, gehört zu haben, daß du, Bartholomäus, um Entschuldigung deiner Sünde gebeten hast. Mir kommt vor, daß dieses Wort nicht im Wortschatz eines Jüngers Jesu steht. Um Entschuldigung bitten, ist nicht das gleiche, wie um Vergebung zu bitten. Um Entschuldigung bittet, wer glaubt, jemandem unabsichtlich beleidigt zu haben, oder besser, wer denkt, daß der andere sich ungerechtfertigt beleidigt fühlt. Wir haben die Demut gelernt, wir haben gelernt, um Vergebung zu bitten. Ist Jesus nicht mit den Sündern nicht selbst in den Jordan gestiegen, obwohl er ohne Sünde war?"

Bartholomäus hört still zu, dann bedankt er sich mit offensichtlicher Freude bei Philippus: "Allein hätte ich nie an alles gedacht, was du gesagt hast. Das geistliche Leben ist wirklich tief und erleuchtet alles; es erneuert unsere Gemeinschaft in jeder Hinsicht. Der Herr Jesus sei gelobt! Er, der sogar die Gelegenheit unserer Sünde benützt, um angerufen zu werden und um uns zu retten!"

Und die drei beenden ihre zufällige, von einer Unhöflichkeit verursachte, Begegnung, indem sie zusammen laut das Lob des dreifaltigen Gottes singen, gelobt und gepriesen von den Cherubinen und den Seraphimen und vom demütigen Herzen der Menschen.

Bevor sie sich trennen, sagt Bartholomäus zu Judas zugewandt: "Ich bitte Jesus und dich um Vergebung wegen meiner Ungeduld und Grobheit." Und Judas antwortet: "Ich vergebe dir gerne in Jesu Namen, denn auch Er vergibt dir, Bruder!"

Philippus lächelt. Der Friede im Namen Jesu entzündet die Herzen.

 

 

18. Werte verkünden

Thomas und Jakobus tauschen untereinander die verschiedenen Eindrücke und Erfahrungen nach einer ihrer Missionsreisen, die sie zu Menschen verschiedenen Kulturen und Abstammungen geführt hat, aus. "Der Gedanke, der mich am meisten beschäftigt hat, als ich bei jenem Volk war, war die Bewunderung für den hohen Grad an Respekt, der dort herrschte. Ich habe dort eine große Liebe für das Leben, für die Sauberkeit, für die Natur, für die Freiheit der Personen festgestellt. Auch der Sinn für Gastfreundschaft, die heilig gehalten wird, ist sehr entwickelt. Manchmal kam mir vor, daß ich wenig oder gar nichts diesen Leuten zu sagen hatte; im Gegenteil, ich glaubte, daß ich von ihnen viel zu lernen hätte!" "Wie schön! Sicher hat der Geist des Schöpfers und Gottvaters überall Samen des Lebens gesät, die alle darauf vorbereiten, das Wort des Lebens, des Herrn Jesus aufzunehmen", fügt Jakobus dem Bericht Thomas' als Überlegung hinzu. Und dieser sagt erleichtert: "Ja. Ich gebe zu, daß ich manchmal ziemlich Mühe gehabt habe und daß ich mich an diesem Licht habe klammern müssen, um nicht unterzugehen. Die Versuchung war groß, die angeborenen oder anerzogenen Werte jenes Volkes als das Beste und Höchste zu sehen. Jemand sagte zu mir: 'Lehrt nicht euer Evangelium Gleichheit und Gerechtigkeit, Respekt vor dem Leben, Frieden und Freiheit? Nun gut, wir leben diese Werte schon!'

Wenn in mir der Namen Jesu lebendig gewesen wäre, hätte ich nachgegeben. Der Geist des Herrn fuhr fort, mir im Inneren zu flüstern: 'Du bist nicht gesandt, Werte zu verkünden, sondern Jesus bekanntzumachen. Der Vater hat nicht Jesus gesandt, um Werte zu predigen, sondern um für uns zu sterben, uns von der Sünde zu erlösen, uns das Brot des Lebens zu schenken!' Dank dem Geist Gottes bin ich fest in Jesus geblieben; für die Welt ist seine Person notwendig. Ohne Ihn bleibt der Mensch in der Sünde und kennt die Gemeinschaft mit dem Geist nicht. In jenem Volk, in dieser so schönen und lebendigen Kultur, ist mir bewußt geworden, wie die Werte Fall sein können, Betrügereien des Bösen, das nie aufhört, sich als Schaf zu verkleiden, nur um zu verhindern, daß die Menschen dem wahren Lamm begegnen!"

Thomas erhält die Zustimmung von Jakobus. Ihre Unterredung geht weiter; sie stimmen überein bei der Wertschätzung von den Werten, die in den Kulturen der Völker ein Gnadenakt und ein Zeichen der Liebe Gottes sein können, sowie beim Anerkennen, daß der Durst nach Wahrheit, Licht und Liebe in den Völkern die Sendung Jesu "Geht in alle Welt" rechtfertigt.

Nachdem Jakobus aufmerksam Thomas zugehört hat, sagt er: "Der Herr hat nicht gesagt: 'Geht in alle Welt und macht alle Nationen zu meinen Jüngern!' Solange der Mensch Jesus nicht aufnimmt, erfreut er sich nicht am Heil. Wenn man sich mit 'großen' Werten begnügt, können sie den Menschen zu Sklaven machen und ihn an der Freude hindern, Kind Gottes zu sein; sie können zu Götzen werden."

Thomas und Jakobus beenden ihre Unterredung: "Jesus warnt uns vor dem Schafspelz des Wolfes. Das Schafsfell ist immer schön und wich und war. Das Schafsfell oder Lammfell zieht einen jeden wegen seiner 'Güte' an, wer es auch sei, der es anzieht! Das Fell ist aber Betrug und Falle, wenn es nicht von einem Schaf oder Lamm getragen wird. So ist es auch für die Werte!" "Du hast wirklich recht. Unsere Christen-Mitbrüder werden betroffen von den guten und schönen Dingen und passen so ihren Lebensstil an die Welt ohne Gott an; zum Schluß sind sie ohne Glaube. Auch dein Bruder Johannes redet oft und klar darüber: das Schaf unterscheidet sich vom Wolf nicht durch das, was es anhat, sondern durch das, was es frißt. Er nicht das Fleisch des Menschensohns ißt, zerfleischt den Menschen!"

 

 

19. Vaterschaft

Hier endet meine Begegnung mit dir. Ich hätte den Wunsch gehabt, dir auch das Gespräch zwischen Matthäus und Petrus über die geistige Vaterschaft zu vermitteln, aber ich finde das jetzt als überflüssig. Es ist klar hervorgekommen, daß ein Jünger Jesu einen anderen Jünger Jesu braucht, um Licht zu bekommen, um Kraft zu empfangen, um Orientierung zu finden und um sich durchzuwinden zwischen den Versuchungen, den vielfältigen Gefühlen und Gedanken, die demjenigen am meisten nachstellen, der Gott treu sein will. Gott selbst legt seine Worte und seine Kraft auf die Lippen der Menschen, um sein Leben mitzuteilen. Er ist immer der Vater, der das Leben schenkt, und derjenige, von dem ich seine lebensschaffenden Worte empfange, ist für mich ein Zeichen seiner Vaterschaft, obwohl er ein Mitbruder ist, der seinerseits - mit der Hilfe der Mitbrüder - zum Herrn Jesus hinstrebt.

Ich grüße dich mit dem heiligen Kuß. Ich vertraue dich der Kirche vom wahren Gott und von Jesus, seinem Sohn, an.

Gib acht auf die falschen Götter!

 

D.k.:Ignaz Gruber