Glaube und Leben
Glaube und Leben
"Euch, die ihr glaubt, gilt diese Ehre."
Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet..."
(Eph 2,8)
Vorwort
Wir leben in einer Zeit, in der viele sich einen "Glauben" nach ihrem Maß bilden, oder sie suchen ihn - nach Maß - bei Gruppierungen, Sekten oder verschiedenen Neuheiten.
In dem ganzen Durcheinander von Meinungen und Religionen freue ich mich noch mehr über den jahrhundertealten, sicheren Glauben, der mir von der Kirche vermittelt wird. In ihm bin ich schon ganz klein getauft worden, in ihm will ich meine Tage beenden.
Wenn ich mich einer Sache rühmen darf, dann gerade dieses Glaubens: ich bin stolz darüber - mit Demut und Liebe. Dieser Glaube ist meine Größe; er ist nicht mein Werk, sondern ein Geschenk, das ich bekommen habe.
Dieser Glaube hält mich klein, aufgefangen in den starken und zärtlichen Armen des Vaters, wie in den Armen einer Mutter! Es ist ein Glaube, von dem ich mich geehrt fühle, wie der hl. Petrus sagt.
Ich liebe meinen Glauben.
Don Vigilio Covi
1.
"Alles, was nicht aus Glauben geschieht, ist Sünde."
(Röm 14,23b)
"Denn lebendig ist das Wort Gottes, kraftvoll..." (Hebr 3,12).
Jedes Wort Gottes ist lebendig. Jedes Wort Gottes bringt Frucht. Auch das Wort, das ich als Titel dieses Kapitels gewählt habe, ist lebendiges Wort. Heute hat der Apostel es wiederholt, er hat es mir ins Herz gelegt. Es war eine Überraschung, ja ein Paukenschlag, wie jener, mit dem Jesus auf dem Tempelplatz die Tische umgeworfen und die Händler samt Ochsen, Schafen und Tauben vertrieben hat.
Dieses Wort bleibt in mir und schlägt langsam langsam Wurzeln.
"Alles, was nicht aus Glauben geschieht, ist Sünde."
Ich hatte mich daran gewöhnt zu denken, daß es außerhalb des Glaubens viele gute Dinge gibt. Die Kultur, in der ich eingetaucht bin, bietet mir ständig diesen Trank an: auch ohne Beziehung zu Gott gibt es viel Gutes. Gute Atheisten, anonyme Christen, soziale und humanitäre Taten und Initiativen, Friedensvorschläge und solche der Zusammenarbeit mit einem jeden, der an die Güte, an die Werte des Lebens und des Wohlstandes, der Solidarität und der Ökologie "glaubt".
Ich hatte mich an diese Sicht der Wirklichkeit gewöhnt und mir ging es dabei gut, so gut, daß ich den Glauben schon als etwas Zusätzliches betrachtete, als großes Gut zwar, aber nicht unbedingt als etwas Notwendiges, denn viele beschäftigen sich mit großen Werten, auch ohne ihn.
Jetzt aber hat mich dieses Wort getroffen, das Paulus den Christen von Rom sandte. Wenn ein Wert nicht vom Glauben kommt, ist es Sünde.
Wenn der Friede nicht vom Glauben kommt, ist es Sünde.
Wenn die Solidarität nicht vom Glauben kommt, ist es Sünde.
Wenn die Ökologie, die Liebe zum Leben, die Größe des Menschen, die Brüderlichkeit, die soziale Gerechtigkeit... nicht vom Glauben kommen, ist es Sünde.
Wenn die Reinheit und der geschlechtliche Respekt, die Liebesgefühle für einen Mann oder für eine Frau und der folgerichtige Entschluß zu heiraten, wenn die Ablehnung der Gewalt, der Schutz der Kinder, die Ehrlichkeit am Arbeitsplatz, die Beachtung der religiösen Bräuche... nicht vom Glauben kommen, ist es Sünde.
Der hl. Paulus rüttelt meine Seele auf, wie man ein Tischtuch schüttelt: alles fliegt weg wie Unrat. Aber es bleibt die Möglichkeit, den Glauben wie ein großes Gefäß über die Seele zu breiten. Aus ihm kann man immer wieder schöpfen.
Warum ist alles Sünde, wenn es nicht vom Glauben kommt?
Ich versuche nun, dieses Wort des Apostels, das Wort Gottes ist, zu verstehen, um es ganz zu dem meinigen zu machen.
Gott spricht nämlich nicht, um mich zu betrügen.
"Alles, was nicht aus Glauben geschieht, ist Sünde."
Ich weiß, daß Sünde bedeutet, einen Weg zu gehen, der mich das Ziel verfehlen läßt, der mich nicht zum Vater führt, bei dem allein das Leben ist, das ewige Leben. Sünde sind also die Schritte Adams, die er macht, indem er Gott, der ihn ruft, die Schulter zeigt; Sünde sind die Schritte, ob langsam oder schnell, mit denen er versucht, Verstecke zu erreichen, wo er sich vor dem milden und zärtlichen Blick des Vaters verbergen kann. Jeder Schritt, den Adam in die eingeschlagene Richtung macht, entfernt ihn noch mehr von Gott. Jede seiner Taten bringt ihn nicht Gott näher, bis er nicht selbst, der rebellische Adam, umkehrt und auf den zugeht, der ihn sucht. Um ihn zu finden, hat er seinen Sohn gesandt. Wenn "Adam" sich von Jesus finden läßt, fängt der Glaube an und mit ihm das Leben.
Im Satz, den ich zu verstehen versuche, glaube ich nicht, daß das Wort "Sünde" "Schuld" bedeutet". Es ist keine Schuld, wenn man die menschlichen Werte lebt, die etwas Freude ins Leben und in die Mühen der Menschen bringen. Sie genügen aber nicht, um mir das Leben zu geben, um mich zu Dem zu führen, der das Leben gibt, zum Vater! Es sind noch Schritte in eine Richtung, die vom eigentlichen Ziel wegführen. Der Glaube, das Vertrauen, die Hingabe, der Gehorsam, die Jesus in mir entstehen läßt, geben allem einen neuen Wert: alles, was ich vereint mit Jesus tue, ist ein Brot, das mich näher bringt und mich dem Vater begegnen läßt, seinem und unserem Vater. Alles, was nicht aus meiner Vertrauensbeziehung zu Gott entspringt, entfernt mich von ihm. Der hl. Paulus ist drastisch, wenn er sagt "alles".
Auch das Gute, das ich tue, wenn ich es ohne jede Beziehung mit dem Vater und mit Jesus tue, ohne das Bewußtsein (zumindest stillschweigend) den Willen Gottes zu vollbringen und die Liebe zu üben, die Er in mein Herz eingegossen hat, ist ein Flimmern, das meinen Blick von seinem strahlenden Angesicht ablenkt.
Werde ich imstande sein, mich umzudrehen, mich zu bekehren, alles im Glauben an Gott, der mir geschenkt wurde, anzunehmen? Vom Morgen bis zum Abend und vom Abend bis zum Morgen werde ich ständig zum Vater gehen, zusammen mit Jesus. Von Ihm werde ich lernen, von Ihm, dem wahren Sohn, der immer bereit ist, sich an Gott zu orientieren.
Ich fange an, "meinen" Glauben zu lieben, der die einzige Quelle meines ganzen Lebens ist!
2.
"Tut eure Arbeit gern,
als wäre sie für den Herrn und nicht für Menschen."
(Kol 3,23)
Was nicht vom Glauben kommt, hält uns vom Vater fern, ist ein Hindernis für unsere Gemeinschaft mit ihm: es ist Sünde.
Alles hingegen, was vom Glauben kommt, ist Gnade! Was dem Vertrauen, das ich in Gott setze, entspringt, ist unentgeltliches Geschenk, ist Kraft, ist Licht, ist etwas Neues, ist Friede.
Wenn ich im Glauben lebe, ist Gott für mich Vater: ich sehe ihn so, ich behandle ihn so.
Mein ganzes Denken und all mein Tun füllen sich mit jenem typischen Merkmal der unentgeltlichen Liebe, mit der mich der Vater umhüllt.
Im Glauben tue ich alles, was ich mache, wie für den Herrn, und alles, was ich bekomme, empfange ich von ihm: alles ist für mich wie ein Geschenk.
Jesus hat seine Apostel von Gott als Vater bekommen und er hat von diesem Vater auch die Demütigungen und das Kreuz empfangen. Deshalb hat er seine Liebe, den gleichen Blick, dasselbe Licht sowohl den Jüngern als auch den Soldaten seines Leidensweges schenken können.
Jesus ist das Beispiel für mein Glaubensleben: obwohl Sohn Gottes, hat er ja gerade deshalb den Glauben in der höchsten und tiefsten Form, in der beständigsten und festesten Art und Weise gelebt.
Er wußte sich in jedem Moment vom Vater gesandt, und deshalb hielten ihn sein Vertrauen und seine Ergebenheit in ständigem Hören, in aufmerksamer Bereitschaft.
Er fühlte jedes Ereignis, jede Begegnung, jede an ihn gerichtete Frage wie ein Wort des Vaters, der ihm etwas schenkte oder von ihm etwas verlangte.
Mein Glaube ist jener von Jesus. Aber ich lebe ihn auf unvollkommene Weise, so unvollkommen, daß ich mich vor ihm schämen muß. Aber mein Glaube ist der seinige: jenen, den Er in mir gesät und mit seinem Wort gepflegt hat.
Mein Glaube ist jener, den Jesus in den Vater setzt.
Ich weiß, was Jesus über den Vater erzählt hat und ich setze in den Vater jenes Vertrauen, zu dem mich Jesus aufgefordert hat.
Ich vertraue mich dem Vater mit derselben Entschiedenheit an, mit der sich Jesus ihm anvertraut hat.
Aus diesem Glauben heraus wachsen Haltungen und Entscheidungen, die wiederum jene von Jesus sind, und alles, was ich im Glauben tue oder bekomme, hat den Wert eines Geschenkes.
"Ob ihr also eßt oder trinkt oder etwas anderes tut:
tut alles zur Verherrlichung Gottes" (1 Kor 10,31).
Auch die einfachsten und alltäglichsten Dinge, auch die man (fast) automatisch tut, mache ich aus dem Glauben heraus, denn mein Leben hat diese Ausrichtung genommen.
Der Vater fehlt nie. Er ist nie abwesend.
Er schläft nicht ein. Wo immer ich bin, was immer ich tue, ER ist zugegen, wie der Psalm sagt:
"Steige ich hinauf in den Himmel, so bist du dort;
bette ich mich in der Unterwelt, bist du zugegen" (Ps 139,8).
Die Liebe des Vaters kennt keine Unterbrechung, deswegen ist alles, wirklich alles, seine Gabe für mich.
Die Stimme einer Person, die mich ruft, ein Telefonanruf, die nächtliche Schlaflosigkeit, das vorbereitete Essen, die Verspätung eines Freundes, der Tadel eines Vorgesetzten, die anmaßende Forderung eines Familienangehörigen, die Kälte auf der Straße, Regen oder Sonnenschein, Nebel oder Kälte, Fieber oder Zahnschmerzen, die Tüchtigkeit oder Unerfahrenheit des Arztes, der Durst und das stillende Getränk: einfach alles lebe ich in der Liebe des Vaters zu mir.
Mein Verhalten gegenüber diesen Wirklichkeiten offenbart das Vertrauen, das ich zu Ihm habe.
Auch meine Fähigkeit, mit Geduld, Gelassenheit und Liebe auf alles zu reagieren, ist seine Gabe, seine Gnade!
Alles, was vom Glauben kommt, ist Gnade!
3.
"Wird jedoch der Menschensohn,
wenn er kommt, auf der Erde (noch) Glauben vorfinden?" (Lk 18,8)
Wieso stellt sich Jesus diese Frage?
Es ist eine Frage, die niemand beantworten kann, weder seine Jünger, noch seine Gegner. Er selbst will auf diese Frage keine Antwort geben. Man könnte sagen, daß dies eine rhetorische Frage ist: er will damit etwas Wichtiges andeuten.
Der Menschensohn wird bei seiner Wiederkunft Gläubige suchen; ER wird jene suchen, die auf Ihn warten, die Ihm vollkommen vertrauen.
Es ist seltsam: Ist nicht die Liebe das Wichtigste? Werden nicht alle nach der Liebe gerichtet werden? Werden die Jünger nicht an ihrer Liebe wiedererkannt? Ist nicht die Liebe der Paß für das Himmelreich?
Dennoch, Jesus stellt diese Frage: Wird es noch Glauben geben?
Kann der Glaube wichtiger sein als die Liebe? Wie viele Menschen, die fähig sind zu lieben, sind trotzdem noch nicht im Himmelreich, weil es ihnen an Glauben fehlt!
Zwei Beispiele mögen genügen: eines aus dem Evangelium, das andere aus der Apostelgeschichte.
Der hl. Lukas erzählt von einem römischen Hauptmann, der das Volk so liebt, daß er den Bau der Synagoge von Kafarnaum unterstützt. Jesus lobt aber den Hauptmann nicht wegen seiner Liebe, er lobt und erhört ihn wegen seines Glaubens (Lk 7,1.9).
Auch Kornelius, der andere römische Hauptmann, ist ein Mann, der betet und Almosen gibt (Apg.10,2). Der Engel, der ihm erscheint, fordert ihn nicht auf, weder mehr zu beten, noch freigebiger zu sein.
Er stellt ihm hingegen die Möglichkeit eines neuen Glaubens in Aussicht, der ihm von Petrus verkündigt wird. Das Heil erreicht Kornelius und seine Familie durch den Glauben an Jesus Christus, und nicht wegen seiner Liebe oder gar wegen seiner Gebete. Diese haben ihm die Gnade gewährt, zum wahren Glauben zu kommen, zu jenem, der zum Heil führt.
Wie wichtig ist der Glaube!
Die Liebe und die Gebete genügen nicht.
Die Freigebigkeit und die Herzensgüte führen den Menschen nicht zum Heil.
Wenn der wahre Glaube in den Menschen eintritt, dann finden auch die Liebe und das Gebet ihre Vollendung.
An Jesus, den Gestorbenen und Auferstandenen glauben - das ist das Werk, zu dessen Erfüllung uns der Gott der Liebe einlädt.
Der Gott der Liebe und des Friedens, genauer, dem unsere Ähnlichkeit in der Liebe zu Ihm am Herzen liegt, führt uns zu Jesus, seinem Sohn, und Er nimmt uns in sein Leben auf, wenn wir Jesus aufnehmen.
Ein Geheimnis der Liebe! Ein Geheimnis des Glaubens!
In Jesus finden Glauben und Liebe die Erfüllung.
Der Glaube vereint uns mit dem vom Vater geliebten Sohn, die Liebe wird Ausdruck und Frucht dieses Vereintseins.
Der Mensch wird Kind Gottes, wenn er glaubt und sich als solcher durch die Liebe offenbart. Die hl. Taufe ist nicht unnütz, denn sie heiligt uns im Glauben an den Herrn Jesus, gezeugt vom Vater und Spender seines Geistes.
Der Getaufte ist schon Kind Gottes, noch bevor er die Gelegenheit und die Fähigkeit hat zu lieben.
Wie groß ist der Glaube!
Wie kostbar ist mein Glaube!
Bevor ich all die anderen Dinge und Personen liebe, liebe ich meinen Glauben. Mein Glaube in meinem Herzen ist die offene Tür zur ewigen und wahren Liebe, zum einzigen und heiligen Gott.
Mein Glaube ist die Garantie für die Gegenwart des Sohnes Gottes in mir.
Mein Glaube an den Sohn Gottes ist die Gnade und das Heil meines Lebens, meines Seins in der Welt und in der menschlichen Gesellschaft.
Mein Glaube an Jesus ist mehr wert als selbst mein Leben und mein Sterben.
Von ihm werde ich verwandelt, von ihm entspringt eine ständige, treue und unentgeltliche Liebe, die jener des Vaters gleicht.
Durch den Glauben werde ich vor den Versuchungen gerettet und von den Fangarmen der Welt, die uns die Unabhängigkeit, die Einsamkeit, die Gewalt, die Trennung, die Magie und den Abfall vom Glauben vorschlägt und aufzwingt.
Durch den Glauben werde ich zum Himmel emporgehoben, um die Wunder der Liebe des Vaters zum Sohn und von Jesus zum Vater zu genießen, und um diese Wunder in der hl. Kirche durch die Ausgießung des Heiligen Geistes als gegenwärtig zu erkennen.
4.
"Der Kleinste im Himmelreich ist größer als er"
(Mt 11,11)
Jesus greift die Gelegenheit auf, um von Johannes dem Täufer, seinem Vorläufer, zu sprechen.
Er ist der Mann, der ihm den Weg vorbereitet hat, indem er mit Freimütigkeit - und seine Freiheit aufs Spiel setzend - die Umkehr und die Erwartung seines Kommens predigte. Er ist der Mann, der für ihn die Entbehrungen der Wüste erlitten hat und dann, wegen seiner Treue, auch die des Kerkers.
Jesus spricht von ihm und von seiner Größe.
"Unter allen Menschen hat es keinen größeren gegeben
als Johannes den Täufer" (Mt 11,11).
Sogar Herodes und ebenso der Hohepriester des großen Tempels schneiden schlecht ab ihm gegenüber. Keiner würde dem Vergleich standhalten. Die Aufgabe des Johannes hat niemand anders gehabt, nicht einmal die großen Propheten.
Nur er hat auf das Lamm Gottes hingewiesen. Für einen Augenblick ist er - der Täufer - in den Augen der Menschen sogar größer als Jesus erschienen: er hat ihn im Wasser getauft; er wurde Zeuge der Demut des Sohnes Gottes!
Wieso sagt Jesus, daß der Kleinste im Reich größer ist als er? Wer sind die Kleinen im Himmelreich?
Die Kleinen im Reich sind jene, die an Ihn, Jesus, glauben; jene, die glauben, daß Jesus vom Vater gesandt wurde; jene, die ihm nachfolgen und ihm dienen. Die Kleinen des Reiches sind jene, die sich mit dem Sohn verbunden haben, indem sie sich in seinen Tod und in seine Auferstehung eingetaucht haben.
Der Kleinste im Reich bin ich, der ich auf den Namen Jesu getauft bin. Als in seinem Namen Getaufter bin ich ein Zweig, vereint mit dem Weinstock; bin ich Licht der Welt, bin ich Salz der Erde.
Als im Namen Jesu Getaufter bin ich Teil seines Leibes. Johannes der Täufer konnte nicht sagen, Glied des Leibes Christi zu sein, ich hingegen kann es sagen.
Ich bin Teil seines Leibes, in dem die Fülle der Gottheit wohnt! Das ist der Grund, warum ich - obwohl klein im Reich - größer bin als Johannes. Ich rühme mich nicht meiner Größe, ich rühme mich Jesu, der das Himmelreich selber ist, das Reich, in dem der Vater das erste und das letzte Wort sagen kann.
Ich rühme mich Jesu, des Fundaments des Baues, von dem ich ein lebendiger Stein bin.
Er ist groß, er ist der Weinstock, er ist das Haupt.
Mein Glaube an Jesus hat mich verwandelt.
Mein Glaube an Ihn, den ich von der Kirche vermittelt bekommen habe, hat mich klein im Reich und groß unter den Menschen gemacht. Vielmehr: indem mich mein Glaube - zusammen mit Jesus - zum Kind meines Gottes macht, läßt mich in der Welt leben als jemand, der schon außerhalb derselben ist, schon darüber.
Mein Glaube an Jesus läßt mich in der Welt leben als sein Licht, als sein Sauerteig, als ein Diener seiner Verwandlung.
Wer in der Welt ohne Weg ist, kann ihn finden, weil ich in ihr als Licht bin; wer in der Welt ohne Hoffnung ist, kann wieder aufstehen, weil es mich gibt als Kind Gottes; wer in der Welt ohne Nahrung ist, kann gesättigt werden, weil ich da bin als Brot und Wasserquelle. Mein Glaube an Jesus, der mich zum Glied seines Leibes und zum Stein seines Baues macht, macht mich groß, zum wahren Diener der Lebensbedürfnisse der Menschen.
Durch mich rettet sie Gott. Er, nicht ich, rettet sie! Und Er rettet sie durch die alleinigen Verdienste Jesu, mit dem ich vereint bin.
Wie liebe ich meinen Glauben!
Er ist der wahrste Reichtum, denn indem er mich mit dem Leib Christi, der Kirche, verbunden hält, macht er mich nützlich für die Welt und für die Liebe Gottes zur Welt.
Ich liebe den Glauben, der mich größer als die Großen der Erde macht.
5.
"Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören,
werden sie sich auch nicht überzeugen lassen,
wenn einer von den Toten aufersteht."
(Lk 16,31)
Jesus redet gerade von den verschiedenen Situationen der Menschen. Es gibt den Reichen, und es gibt den Armen. Bis hier nichts Besonderes. Alle haben ein Recht zu leben.
Was das Herz Jesu bewegt, ist die Tatsache, daß es zwischen den beiden keine Verbindung gibt.
Daran ist nicht der Arme schuld. Er geht oft - wenn nicht täglich - zur Tür des Reichen; er versucht so, eine - wenn auch armselige - Art der Verbindung herzustellen; jene Art des Bettlers, der um das Lebensminimum bettelt.
Nur die Hunde des Reichen geben Antwort auf diese Kontaktsuche.
Der Reiche sieht nicht. Er ist - bis zum Tod - mit dem Problem beschäftigt, zu verwalten und zu konsumieren, was er besitzt. Er sieht niemanden in seinem Leben, erst nach seinem Tod.
Erst da merkt er, daß es die anderen gibt. Wenn er in den Qualen ist, öffnen sich seine Augen, um den Armen zu sehen und um sich seiner eigenen Brüder zu erinnern, die - wie er - mit dem Vergnügen beschäftigt sind.
Er möchte ihnen eine besondere Botschaft senden. Er weiß, daß sie sich von nichts rühren lassen. Für sie ist ein unerhörter Schlag notwendig, die Auferstehung eines Toten, der bezeugt, daß es ein Jenseits gibt und was uns dort erwartet.
Und nun die Antwort, die Jesus in den Mund von Abraham legt:
"Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören,
werden sie sich auch nicht überzeugen lassen,
wenn einer von den Toten aufersteht."
Wir haben keine Mühe, diesen Schluß zu bejahen.
Wir sehen viele, die erzählen, Stimmen aus dem Jenseits zu hören, von dort Botschaften zu empfangen, die Schönheiten von drüben zu sehen oder gesehen zu haben, aber sie sind dennoch nicht "überzeugt".
Dieses Wissen, daß es ein Jenseits gibt und daß es von denen bewohnt ist, die im Diesseits waren, genügt nicht, das Leben zu ändern, die egoistische Ausrichtung zu ändern, um die Augen zu öffnen, um den Armen zu sehen, der Gemeinschaft sucht.
Weder das verblüffende Werk der Zauberer und Wahrsager genügt, noch das aufregendste Wunder ist imstande, im Leben der Menschen eine Umkehr zu bewirken.
Nur der Glaube bewirkt dieses Wunder!
Nur jener demütige Glaube, der auf die Freunde Gottes hört. Der Glaube, der ernst nimmt, was Gott schon gesagt hat, was er schon kundgetan hat, was er geoffenbart hat.
Nur dieser Glaube kann den Menschen retten von den Neigungen zum Egoismus, von den Versuchungen, die ins ewige Verderben führen.
Und dies ist mein Glaube. Dies ist unser Glaube.
Dies ist der Glaube, den die Kirche vermittelt, indem sie mir jede Woche, jeden Tag die Heilige Schrift hören läßt.
Es ist ein demütiger Glaube, weil die Schrift uns durch Menschen geschenkt worden ist; sie widerspiegelt die Kultur der Menschen und ihre Grenzen.
Es ist ein stiller Glaube, denn oft versteht er nicht und will nicht verstehen, aber er fährt fort zu hören und darauf zu warten, daß derjenige, der spricht, auch den Geist schenkt, den Atem, der die Wahrheit in die Herzen eindringen läßt, auch über unseren Verstand hinaus.
Es ist ein Glaube, der von einem Mysterium umgeben wird; der schon im voraus die Freude erlebt, die er für die Zukunft erwartet.
Es ist ein tatkräftiger Glaube, der mir Gemeinschaft erleben läßt mit denen, die geglaubt haben, mit jenen, die glauben, und mit jenen, die von der Liebe des Vaters leben, mit den Armen.
Das demütige und gehorsame Hören auf die Schrift, "auf Mose und die Propheten", läßt mich neben mir die Gegenwart des Auferstandenen entdecken, Desjenigen, der wirklich von oben gekommen ist, um uns mit sich in die Höhe zu ziehen, ins Herz des Vaters.
Das Hören auf die Schrift ist das Licht, das die Augen öffnet, um den einzigen von den Toten Auferstandenen zu sehen.
Wir sehen ihn jeden Tag beim "Brotbrechen", sei es beim Brechen des Brotes in der sonntäglichen Meßfeier, sei es in der täglichen Solidarität mit den Mitmenschen.
Ich bin stolz auf den Glauben, der mich auf die Schrift hören läßt, anstatt mich auf die Suche nach dem Sensationellen und Außerordentlichen zu führen.
Ich bin froh und dankbar für diesen demütigen und stillen Glauben, der jene Gemeinschaft bewirkt, die mir das Fest des ewigen Gastmahles genießen läßt.
Geliebter Glaube, wahrer Glaube in der Liebe des Vaters!
6.
"Stärke unseren Glauben!"
(Lk 17,5)
Endlich öffnen die Apostel den Mund! Jesus hat zu den Jüngern - zu allen - von den verschiedenen Ansprüchen der Nachfolge gesprochen. Sie sind alle groß, alle anspruchsvoll, alle verändern die "normalen" Ausrichtungen des Lebens; aber der letzte, der sie zum Verzeihen siebenmal am Tag verpflichtet, ist der schwierigste Anspruch. Nicht einmal Mose, mit seinem Mut und seiner Autorität, hatte so viel gewagt, im Gegenteil, er hatte ein Wort Gottes gegeben, um die gegenseitige Rache zu regeln. "Aug um Aug, Zahn um Zahn."
Jesus hält sich nicht daran. Er zieht nur den Grund in Betracht, weshalb Mose die Rachsucht des Menschen gegen einen anderen Menschen, des Sünders gegen den Sünder, zu bändigen versuchte. Jesus zieht noch eine stärkere Bremse, die jede Reaktionsbewegung gegen die Sünde, gegen die Beleidigung stoppt.
Wenn dein Bruder sündigt, warum solltest du die Liebe, die du zu ihm immer hattest, durch den Haß ersetzen? Wenn dein Bruder sündigt, mußt du dann die Ähnlichkeit mit deinem Vater aufgeben, der barmherzig und langmütig ist?
Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, hast du dann nicht eine kostbare Gelegenheit, um das Angesicht deines Gottes zu offenbaren?
Die Apostel verstehen.
Die Worte Jesu können nur im Glauben gelebt werden, in der liebenden Beziehung mit dem Vater, im totalen Vertrauen zu Ihm.
Das Leben, das Jesus vorschlägt, mit all seinen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten, ist nur mit einem großen und starken Glauben zu verwirklichen.
Und siehe, die Apostel bitten mit Demut, aber mit Entschlossenheit:
"Stärke unseren Glauben!"
Sie wissen, daß sie einen kleinen Glauben haben.
Sie wissen, daß er ein Geschenk ist, ein Geschenk, das Jesus selbst gewähren kann.
"Stärke unseren Glauben!"
Wir lehnen dein Wort nicht ab. Wir lehnen es nicht ab, noch rebellieren wir gegen deine Aufforderungen. Wir lassen uns nicht entmutigen, wenn wir sehen, wie weit wir von deiner Art zu leben entfernt sind, und wenn wir die Lebensführung der Kinder Gottes sehen.
Aber komm du uns zu Hilfe!
"Stärke unseren Glauben!"
Wir glauben bereits. Wir sind schon auf dem Weg, der zum Vater führt. Wir haben schon angefangen, dein Wort ernst zu nehmen, und wir wollen alles, was Du gesagt hast, ernst nehmen, aber wir haben nicht die Kraft, es umzusetzen.
Dem Menschen ist es nicht gegönnt, das göttliche Leben zu leben!
"Stärke unseren Glauben!"
Das Geschenk Gottes ist groß, aber es reicht nicht aus. Wir glauben, aber zu wenig. Sei freigebiger mit uns! Schenk uns einen anderen Glauben, als ihn andere haben, einen größeren!
Jesus hört die Bitte der Zwölf und merkt, daß in ihr eine Fülle von Gefühlen und Überzeugungen stecken: einige sind zu tadeln, andere zu ergründen und wieder andere anzuerkennen.
Was Jesus an dieser Bitte am meisten gefällt, ist ohne Zweifel die Demut, die sie ihnen in den Mund gelegt hat.
Den Demütigen schenkt Gott Gnade.
Die Gnade ist aber nicht eine Vermehrung des Glaubens. Komisch! Jesus scheint nicht zu schätzen, daß der Glaube zunehmen muß. Er muß - auch wenn wir sicher wären, daß er klein ist - geübt werden.
Es ist eine Gnade zu wissen, daß unser Glaube gering ist, daß er schwach ist.
Die Antwort Jesu ist die Wertschätzung für den vorhandenen Glauben.
Er ist so lebendig, groß und mächtig, auch wenn er klein ist - vergleiche das winzig kleine Senfkorn -, daß er göttliche Werke tun kann.
Wenn du mit dem vorhandenen Glauben handelst, auch wenn er dir klein erscheint, dann wirst du merken, daß Gott gegenwärtig und am Werk ist.
Vertraue auf Gott, und es wird dir gelingen, zu verzeihen, ein, zwei, drei ... sieben Mal am Tag!
Vertraue auf den Vater, und es wird dir gelingen, die Mäßigkeit und die Armut mit Freude zu leben!
Vertraue auf den Vater, und es wird dir gelingen, dich über die Rückkehr des auf Abwege geratenen Bruders zu freuen!
Vertraue auf den Vater, und es wird dir gelingen, die Jungfräulichkeit und die Reinheit zu leben, die von deinem Kind-Gottes-Sein verlangt wird!
Vertraue, befiehl dem Herrn deinen Weg!
Und die Pflanzen werden entwurzelt und die Berge versetzt werden, um den Weg für die grenzenlose Liebe deines Gottes zu bahnen.
Und dein Herz wird eins mit dem Seinen!
7.
"... damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen."
(Joh 20,31)
Der Evangelist Johannes nennt den Grund, weshalb er einige von den vielen Zeichen aufgeschrieben hat, die Jesus in seinem irdischen Leben und nach seiner Auferstehung gewirkt hat. Sie sollen den Glauben der Christen stärken.
"... damit ihr glaubt, daß Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen."
Hier ist der Glaube kurz zusammengefaßt: er bedeutet nicht, an einen Gott glauben, er bedeutet nicht glauben, daß "Jemand" über uns steht; er ist kein religiöses, unbestimmtes Gefühl; der Glaube ist also nicht der irgendeiner Religion. Nicht jeder, der etwas glaubt, hat den Glauben. Glauben heißt, daß Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes!
Hier heißt das Wort "glauben", etwas für richtig halten; bekennen, daß es wahr ist, daß Jesus der Gesalbte Gottes ist, d.h., beauftragt und berechtigt, in seinem Namen und mit seiner Kraft zu handeln.
Dieser Christus ist der Sohn Gottes; Er hat mit Gott eine ganz nahe, eine Urbeziehung. Er ist der Eingeborene des Vaters, wie derselbe Evangelist am Anfang seines Evangeliums schreibt. Der Sohn Gottes ist Jesus; Er ist der Mensch, er ist der fleischgewordene Mensch, der gestorben und auferstanden ist. Das ist der Inhalt des Glaubens, die erste und grundlegende Nachricht, der wir zustimmen sollen.
Was nützt es? Wozu nützt es, daran zu glauben? Was hat es für einen Zweck, an Jesus, den Christus, den Sohn Gottes, zu glauben?
Derselbe Evangelist sagt es:
"... damit ihr durch den Glauben das Leben habt."
Das ist der Glaube, der das Leben gibt.
Jeder andere Glaube gibt das Leben nicht.
Glaubst du an irgendeinen Gott? Du hast das Leben nicht.
Glaubst du an Allah? Du hast das Leben nicht.
Glaubst du an den Gott der Zeugen Jehowas? Du hast das Leben nicht.
Glaubst du an die heidnischen Götter? Du hast das Leben nicht.
Glaubst du an den Gott Buddhas, wenn er einen hat?
Du hast das Leben nicht.
Glaubst du an ein von dir selbst gemachtes Bild von "Gott": den Gott "Arbeit", den Gott "Geld", den Gott "Fortschritt"...?
Du hast das Leben nicht.
Bestenfalls glaubst du an den Gott des Alten Testamentes, aber ohne die Erfüllung seiner Verheißungen? Du hast das Leben nicht, so wie es die Pharisäer, die Jesus begegnet waren, nicht hatten.
Glaubst du an Jesus, den Gesalbten Gottes und Seinen Sohn?
Dann hast du das Leben. Willst du es probieren? Um zu verstehen, muß man probieren. Ich finde keine Worte, um es dir zu erklären.
Sicher, ein Toter weiß nicht, was Leben ist. Du kannst versuchen, es ihm zu erklären, aber er wird es nicht verstehen. Ich weiß, daß ich wie... tot war, solange ich mich nicht klar und bewußt auf Jesus eingelassen habe.
Der Glaube, den ich hatte, zwang mich, mit Ehrlichkeit, Reinheit und Aufrichtigkeit zu handeln. Der Glaube an Gott zeigte mir meine Sünden als schreckliche Taten und ließ mich oft und gerne schuldig fühlen, denn ich war unfähig, sie zu meiden.
Der Glaube an Gott verpflichtete mich, engagiert, ja sehr engagiert zu sein, aber ich war auch traurig und angespannt, in ständiger Anspannung wegen der Verpflichtungen, die mir der Glaube aufzwingt.
Welche Traurigkeit, an Gott zu glauben!
Es war ein Gott ohne Gesicht. Ja er war der einzige Gott, der Gott aller, der Gott seit Ewigkeit, aber er ließ mich als immer untreues Geschöpf fühlen. An Gott glauben - der Tod! Ich verstehe, warum viele nicht an Gott glauben wollen. Und jetzt sage ich auch niemanden, du mußt an Gott glauben. Ich glaube an Jesus, den Christus, den Sohn Gottes!
Wenn ich an Jesus glaube, fühle ich mich geliebt, gewollt, erwünscht.
Wenn ich an Jesus glaube, fühle ich in mir einen anderen Atem, ein anderes Leben.
Und wenn ich an IHN glaube, fühle ich eine schöne und tiefe Gemeinschaft mit Demjenigen, der mir sagt, daß er auch an Ihn - den Vater - glaubt. Wenn ich an Jesus glaube, weiß ich, daß ich Kind bin; daß ich einen Vater habe, der mir Vertrauen schenkt, der mein Leben, meine Arbeit, mein Ruhen schätzt.
Wenn ich an Jesus glaube, entdecke ich das Angesicht Gottes, so daß ich Ihn nicht mehr Gott nenne, sondern "Papa".
Der Glaube an Jesus Christus, den Sohn Gottes, läßt mich in ein Leben eintreten, das ich als neu, wahr, tief und dauerhaft erfahre; das wächst und unaufhörlich heranreift.
Wenn auch ich ein Evangelium schreiben könnte, damit du durch den Glauben das Leben hättest!
Aber das braucht es nicht, denn es ist schon geschrieben, erklärt und mit Bildern erläutert.
Danke, Herr Jesus Christus, Sohn Gottes,
für das Leben, das ich bekomme,
durch meinen Glauben an dich.
Ich bin froh, dir das sagen
und diesen Glauben erneuern zu können.
Er verbindet mich mit all denen,
die an dich, den von den Toten Auferstandenen, glauben.
Ich fühle mich mit ihnen wie in einer Familie.
8.
"Als er ihren Glauben sah..."
(Lk 5,20)
Jesus sieht den Glauben.
Ich habe immer gedacht, daß der Glaube etwas Unsichtbares sei, etwas, das im Herzen der Menschen verborgen bleiben kann.
Jesus sieht hingegen den Glauben von einigen stillen Männern, die auf das Dach des Hauses gestiegen waren, in dem Jesus sich mit Schriftgelehrten und Pharisäern bei einem wichtigen Gespräch unterhielt.
Jesus sieht, was ich nicht sehe; er sieht, was die anderen Menschen nicht sehen.
Ist der Glaube also sichtbar? Sind meine Augen blind?
Oder bin ich nicht gewohnt zu "lesen", was die anderen nicht sehen?
Ich habe versucht, mit den Augen Jesu zu schauen.
Jesus hat gesehen, wie jene Männer sich bewegten, einige von ihnen gesund, ein anderer gelähmt.
Aus ihren Gesten hat er die Gefühle ihres Herzens erkannt. Er hat "gesehen", in welche Beziehung sie zu ihm treten wollten. Sie haben ihn gesucht, sie wollten um jeden Preis zu ihm gelangen, um den Schwäch-sten und Ärmsten von ihnen zu ihm zu bringen.
Sie haben die Last getragen, sie haben sich nicht geschämt. Sie haben sich nicht vor den Großen in Jerusalem geniert, noch haben sie auf die Anstandsregeln geachtet: nämlich nicht zu stören, nicht zu unterbrechen, nichts kaputt zu machen.
Jene Männer waren fest entschlossen, zu Jesus zu gelangen, um Ihm konkret und sichtbar den Grund ihres Leidens und ihrer Not vor Augen zu führen. In dieser Entscheidung, die von einer großen Hoffnung erfüllt war, sah Jesus den Glauben.
Welchen Glauben hat Jesus "gesehen"?
Was bedeutet "Glaube" für ihn?
Jene Männer hatten nicht daran gedacht, ihren Freund in die Synagoge, den Ort der Begegnung und des Gebetes, zu bringen. Sie hatten auch an kein besonderes Gebet gedacht, noch an eine Wallfahrt nach Jerusalem, um ein Opfer darzubringen.
Sie haben das Unmögliche versucht, um ihre Last vor Jesus "abzulegen".
So haben sie den Glauben an ihn kundgetan: sie haben auf IHN vertraut, mehr als auf das Gebet, mehr als auf die Synagoge, mehr als auf die Riten im Tempel der Heiligen Stadt.
Mit ihrer Tat haben sie gezeigt, daß sie Jesus, seinen Willen und sein Wort für die wahre Gegenwart des Gottes der Liebe hielten, den Gott, der die Schwachen und Leidenden liebt.
Sie haben sich nicht geirrt.
Jesus hat gemerkt, daß sie zu Ihm in Beziehung treten wollten, daß sie IHN schon in ihrem Geist und in ihrem Herzen als Geschenk Gottes angenommen hatten.
Er hat gesehen, daß sie die feste Gewißheit hatten, daß Gott den Leidenden gegenüber barmherzig, treu, mächtig, menschenfreundlich, erbarmungsvoll und aufmerksam ist.
Sie erkannten, daß dieser Gott mit den Augen Jesu sieht, daß er mit seinem Herzen liebt, mit seinen Lippen spricht, mit seinen Händen wirkt.
Sie glauben, daß Jesus Gegenwart Gottes ist, daß er GOTT ist.
Sie glauben, daß Gott Denjenigen unter sie und für sie gesandt hat, der ihn vertritt.
Sie glauben, daß Gott sie nicht verlassen hat, im Gegenteil, daß er sich ihnen in Jesus konkret genähert hat.
Jesus hat ihren Glauben gesehen.
Sie haben den Mund nicht aufgemacht, und doch hat Jesus ihren Glauben gesehen.
Bei ihrer Annäherung haben sie sich am Anfang des Weges von Adam befunden: sie sahen Gott von Angesicht zu Angesicht, so als ob sie sich von ihm nie entfernt hätten.
Indem sie sich so Jesus näherten, haben sie die Gabe angenommen, die Gott den Menschen anbietet. Sie stehen Ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüber - demütig und aufnahmebereit.
Gott ist wieder VATER für sie!
So muß Jesus anerkennen, daß die durch die Sünde verursachte Entfernung ausgeschaltet worden ist.
Er "muß" zum Gelähmten sagen:
"Deine Sünden sind dir vergeben",
so als ob er sagen würde: "Es gibt keine Trennung mehr zwischen dir und Gott, denn du hast Sein Geschenk angenommen, du hast Mich angenommen."
Jesus hat den Glauben gesehen und erklärt nun dessen Folgen.
9.
"Durch ihn seid ihr zum Glauben an Gott gekommen, der ihn von den Toten auferweckt und ihm die Herrlichkeit gegeben hat, so daß ihr an Gott glauben und auf ihn hoffen könnt."
(1 Petr 1,21)
Der hl. Petrus spricht gerade vom "Lamm ohne Fehl und Makel", Lamm also eines wohlgefälligen, vollkommenen, von Gott angenommenen und erhörten Opfers.
Unser Glaube ist sein Werk!
Wir glauben, weil Jesus sich dem Vater als Opfer dargebracht hat: unser Glaube ist die Folge dieses einzigartigen und unwiederholbaren Aktes.
Unser Glaube ist nicht "unser" Verdienst, ist nicht "unsere" Errungenschaft, nicht einmal, wenn es uns sehr viel Mühe kostet, wenn wir ihn wirklich leben wollen.
Mein Glaube wächst auf dem Kalvarienberg.
Ich vertraue auf jenen Gott, auf den Jesus am Kreuz vertraut hat. Ich vertraue mich jenem Gott an, in dessen Hände Jesus am Kreuz seinen Geist gelegt hat. Ich habe Gott kennengelernt und erfahren, Ihm wirklich zu vertrauen, als ich begann, Jesus als Lamm anzusehen und zu betrachten.
Wenn ich jetzt zu Gott sagen kann:
"Du bist mein Vater",
dann ist es das Verdienst Jesu. Wenn ich mich in Schwierigkeiten an Gott wende und auf sein Wirken und auf seine Macht baue, dann ist es wiederum das Verdienst Jesu.
Ich kenne Gott durch Jesus, und ich verlasse mich auf ihn wegen Jesus.
"Durch ihn seid ihr zum Glauben an Gott gekommen."
Mein Glaube ist kostbar, denn er entspringt am Kreuz Jesu, aus seiner durchbohrten Seite.
Ich liebe meinen Glauben, denn er ist die Frucht jenes Lebensbaumes, der vom Blut meines Herrn getränkt ist.
Ich kann mich meines Glaubens rühmen, aber ich kann mich weder rühmen, daß ich glaube, noch daß ich Gott und die Geheimnisse seines Willens und seiner Liebe kenne.
Mein Glaube ist ein Geschenk.
Jesus hat sein Blut vergossen, um mir dieses Geschenk anbieten zu können: das ist der Grund, warum ich den Glauben schätze.
Das Blut Jesu! Oder besser, das Blut des Leibes Christi!
Jesus hat mit seinem Blut das Werk vollendet, aus dem der Glaube, den ich empfangen habe, entspringt. Aber dann ist auch das Blut des Leibes Christi, d.h. all seiner Glieder, dazugekommen, damit der Glaube bis zu mir gelangen konnte.
Dessen waren sich die Apostel bewußt.
Der hl. Paulus schreibt ganz deutlich: "Ich freue mich über die Leiden, die ich für euch ertrage und ergänze an meinem Leib, was dem Leiden Christi noch fehlt...".
Paulus' Leiden sind für ihn Leiden des Leibes Christi. Jesus hat uns durch seinen Tod schon erlöst, und sein Tod hat über die Sünde gesiegt, d.h. über die Entfernung, die uns vom Vater trennt.
Aber damit dieser Sieg mich erreichen und mich miteinbeziehen konnte, brauchte es folgendes: die von den Aposteln erlittenen Bedrängnisse, das Opfer der Märtyrer, das Fasten und die Nachtwachen der Asketen, die Mühen der Priester, die Treue und Geduld sowie das Erbarmen meiner Eltern, ihr Bemühen um religiöse Weiterbildung, um dem kleinen Bub die großen Kenntnisse zu vermitteln, die das Leben tragen.
Wie zahlreich sind die Leiden Christi, die von seinem Leib (der Kirche) getragen und aufgeopfert wurden.
Das Gnadengeschenk - von Jesus am Kreuz erworben - durchläuft noch immer die Straßen der Welt mit den Füßen jener, die sich mit ihm und für ihn in einem ständigen Liebesopfer darbringen.
Es ist ein Opfer, das von einem immer brennenden Feuer aufsteigt, auf dem - wie wohlriechender Weihrauch - die Glieder des Leibes Christi verbrennen.
Wie kostbar ist mein Glaube!
Welch hoher Preis wurde für ihn bezahlt, damit er vom Kalvarienberg in Jerusalem bis zu mir her gelangen konnte!
Ich liebe meinen Glauben:
den Glauben der Apostel und Märtyrer, den Glauben der Heiligen, den Glauben der einzig wirklich treuen Kirche.
10.
"Einige schlossen sich ihm an und wurden gläubig."
(Apg 17,34)
Dionysius und Damaris und einige andere hatten wirklich Mut, den Glauben an Jesus, den von den Toten Auferstandenen, anzunehmen. Sie hatten den Mut, sich von allen anderen, von den Weisen und Großen, von den wichtigen Personen in Athen, zu unterscheiden.
Solange der hl. Paulus von den Göttern und vom unbekannten Gott, vom großen Gott, dem Schöpfer aller Dinge und Menschen, der uns näher ist als wir uns selbst, in dem wir leben und uns bewegen, redete, hörten ihm alle zu.
Solange es sich nur darum handelt, die Erfahrungen und die Werke der Menschen zu betrachten, zu bewundern und darüber nachzudenken, sind alle dabei.
Aber als der Apostel anfängt, das Wort jenes Gottes zu verkünden, dessen Wort das Handeln der Menschen betrifft, um es zu ändern, dann schließen sich die Ohren, zumindest im Moment.
"Darüber wollen wir dich ein andermal hören."
Ein Gott, der redet, ein Gott, der ins Leben der Menschen eingreift, obwohl er es nur tut, um ihn vom Tode wiederzuerwecken, ist ein unbequemer Gott, ein Gott, den man lieber bis zu einer anderen Gelegenheit zur Seite schiebt.
Für die Athener ist der Mensch jetzt gefragt. Gott darf nicht den Raum des Menschen besetzen.
Paulus muß schweigen.
Die Großen und Weisen leugnen nicht, daß Gott der Richter der Welt ist, aber sie vertragen nicht, daß er durch einen Menschen urteilt, auch wenn jener von den Toten auferweckt worden ist. Für sie muß das Urteil Gottes in Gesetzen und gescheiten Reden eingeschlossen sein und nicht in dem Munde eines Menschen: nicht einmal wenn er auferweckt worden ist.
Den Weisen genügt ihre "Weisheit".
Dionysius und Damaris wurden hingegen gläubig.
Welches Wunder ist in ihnen geschehen? Sie haben sich erniedrigt, sie haben ihr Leben nicht mehr ihrer Weisheit anvertraut, sondern jenem Jesus, der gerade als der von Gott eingesetzte Richter verkündigt wurde. Sie haben sich selber für unwissend, ohnmächtig und als Sünder betrachtet.
Paulus hatte nämlich gesagt:
"Gott, der über die Zeiten der Unwissenheit hinweggesehen hat, läßt jetzt den Menschen verkünden, daß überall alle umkehren sollen"
(Apg 17,30).
Obwohl sie Griechen waren, hatten sie die Demut, sich für gleich zu halten wie die anderen und auch die Änderung der Lebensweise zu brauchen wie die anderen.
Sie wurden gläubig.
Der Glaube an die Götter, die sie früher anbeteten, war kein Glaube. Erst jetzt werden sie gläubig.
Wenn Jesus in ihr Leben eintritt, werden sie gläubig. Vorher waren sie in "der Zeit der Unwissenheit".
Sie hatten wohl ihren "unbekannten Gott", dessen Name Paulus benützt, um vom bekannten Gott zu sprechen. Sie hatten sogar Dichter mit Eingebungen über Gott, die man teilen kann.
Es glänzten bereits die "Sterne" in ihrer Nacht, aber die Nacht blieb finster: es war eben "die Zeit der Unwissenheit".
Wer Jesus nicht kennt, wer nicht an seine Auferstehung von den Toten glaubt und sich nicht seinem Urteilsspruch unterwirft, verharrt in "der Zeit der Unwissenheit".
Ihr könnt mir sagen, daß einige Glaubensüberzeugungen auf sehr alten Philosophien und Traditionen beruhen, die von sehr großen Völkern herstammen, so daß sie den Titel "große Religionen" verdienen.
Aber weder das Alter, noch die Verbreitung bewirken Wahrheit.
Ich stelle mich hinter Dionysius und Damaris, ausgelacht zusammen mit Paulus, und glaube an die von Gott an Jesus gegebene Bestätigung, nämlich ihn von den Toten aufzuerwecken, und ich lasse mich von Seinem Wort richten.
Und ich liebe diesen Glauben: ein Wunder des lebendigen Gottes!
11.
"Habe ich dir nicht gesagt:
Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen?"
(Joh 11,40)
Wir befinden uns vor einem Grab, das in den Felsen am Fuße eines Berges etwas außerhalb Bethaniens gehauen worden ist.
Einige Männer nähern sich dem großen Stein, der das Grab verschließt, um ihn wegzuschieben. Die Schwester des Toten macht Einwände: "Der Tote ist nicht nur tot, er riecht schon". Man darf den Stein nicht wegwälzen, sonst müßte man weglaufen.
Genau in dem Moment stellt Jesus, verwundert über Martas Einwand, die Frage:
"Habe ich dir nicht gesagt:
Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen?"
In dieser Frage Jesu stecken zwei wichtige Mitteilungen.
Vor allem diese: Man braucht an seinem Wort nicht zu zweifeln. Was er gesagt hat, geschieht wirklich. Was vom Munde Jesu, des Sohnes Gottes, kommt, wird bestimmt Wirklichkeit, so wie das geschieht,
"was vom Munde Gottes kommt".
Jesus ist Offenbarung des Vaters und so Sein Wort. So wie man am Wort Gottes nicht zweifeln kann und will, so soll man auch nicht am Wort Jesu zweifeln.
Er wundert sich hingegen, daß Marta zweifelt. Ist sie vielleicht nicht gläubig? Gerade sie, die kurz vorher feierlich erklärt hatte:
" Ja, Herr, ich glaube, daß du der Messias bist,
der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll."
Zwischen dem Glaubenbekennen und dem konsequenten Glaubens-leben ist ein Unterschied; es braucht die praktische Übung!
Die zweite Mitteilung, die Jesus macht, ist diese: Wer glaubt, sieht das Unsichtbare. Wer im Glauben lebt, sieht die Herrlichkeit Desjenigen, den niemand gesehen hat.
Die Herrlichkeit Gottes ist da, auch wenn ich sie nicht sehe.
Aber meine Augen können sich öffnen, um die Gegenwart Gottes zu erkennen.
Was ist die Herrlichkeit Gottes?
Es ist die konkrete und sichtbare Art, wie sich Gott offenbart, d.h., wie ich erkennen kann, daß Gott Liebe ist, daß er Vater ist, daß Er jener ist, der dem Leblosen das Leben gibt, daß er das tut, was Er dem Armen und dem Sünder verheißen hat.
Jesus ist im Begriff, Marta die Herrlichkeit Gottes zu zeigen. Sie muß aber glauben. Sie muß Jesus vertrauen, sie muß ihrer Unter-scheidungsgabe vertrauen, sie muß zulassen, daß die Anwesenden seinem so unnormalen Befehl gehorchen, nämlich das Grab zu öffnen. Sie muß sich auf das gehörte Wort stützen, und nicht auf ihr eigenes Denken.
Jesus hatte gerade vorher den Glauben vorgestellt als Haltung desjenigen, der ihn aufnimmt, als eigenes Leben für die Zeit und Ewigkeit.
Nämlich: "Jeder, der lebt und glaubt an mich, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das?"
Wenn Marta nicht im Glauben bliebe, würde sie zwar bald Lazarus aus dem Grabe kommen sehen, aber es würde ihr nicht gelingen, die lebendige und wirkende Gegenwart Gottes in Jesus zu erkennen.
Wenn Marta nicht glauben würde, wäre die Auferweckung und das Weiterleben ihres Bruders nur eine Nachricht für die erste Seite einer Zeitung, in ihr selbst würde sich nichts ändern.
Wenn Marta hingegen glaubt, wird jener Tote, der die Stimme Jesu hört, für sie ein neuer Ort der Gegenwart Gottes, genau so groß und erhaben wie der heilige Tempel.
Die Herrlichkeit Gottes besteht darin, einen Toten zu sehen, der Jesus gehorcht und wieder anfängt, zu gehen mit der Hilfe Dessen, der von den Binden befreit, mit denen andere ihn im Tod gefesselt hatten.
Wie oft wird Marta, die an Jesus, den Sohn Gottes, glaubt, seine Herrlichkeit noch sehen!
Jeder Mensch zeigt die Herrlichkeit Gottes, wenn er beginnt - im Gehorsam auf den Anruf Jesu -, auf eigenen Beinen zu stehen, nachdem er vorher in der eigenen Ohnmacht gefesselt war von den Gewohnheiten, den eigenen Meinungen und den von allen anderen praktizierten, normalen Verhaltensweisen.
Wer an den Sohn Gottes glaubt, freut sich ganz fest darüber!
Herr Jesus, du bist auferstanden,
um nie mehr in den Tod,
weder in die Todesbedrohung
noch in die Todesangst zu fallen.
Du bist der Lebendige,
die Herrlichkeit Gottes auf ewig!
Wenn ich auf DICH schaue,
du auferstandener JESUS,
dann sehe ich wirklich die Herrlichkeit Gottes!
Halleluja!
12.
"... damit alle, die zum Glauben an Gott gekommen sind,
sich nach Kräften bemühen, das Gute zu tun."
(Tit 3,8)
Ich habe bis jetzt von der Schönheit des Glaubens gesprochen. Und wieviel könnte man noch dazu sagen!
Unser Glaube stellt die Gegenwart und das wahre Angesicht Gottes ans Licht. Dieses Angesicht können wir nie anschauen, denn es ist glänzend wie die Sonne. Wir sehen nur die verschiedenen Aspekte unseres Lebens, die von seinem Licht von verschiedenen Seiten her erleuchtet, erwärmt, bedeutungsvoll und schön gemacht werden.
Deshalb liebe ich meinen Glauben!
Er wird aber auch zur Fähigkeit, zur Kraft und zum Ansporn, um jenem Gott, an den wir glauben, ähnlich zu werden. Er ist Liebe, und wenn wir an Ihn glauben, können wir nicht anders, als bereit sein zu lieben.
Der wahre Glaube entwickelt sich langsam und läßt uns in der Liebe wachsen. Wenn dieses Wachstum nicht erfolgt, dann ist es ein Zeichen, daß der Glaube, den wir zu haben behaupten, entweder nicht da ist oder schlecht eingepflanzt ist. Eine abgeschnittene Blume ist noch eine Blume, aber sie wird keine Frucht mehr bringen; so ist es mit einem schönen Glauben, der keine verborgenen Wurzeln hat.
Der hl. Paulus hat seinem Schüler Titus nahegelegt, über den Glauben der Christen zu wachen.
Der Glaube der Christen muß orthodox (rein) bleiben, d.h. er darf nicht abgleiten zu menschlichen Glaubensüberzeugungen und Meinungen, auch wenn sie noch so anziehend und beeindruckend sind.
Der Glaube muß auf der Auferstehung Jesu gegründet sein, aber er soll auch in guten Werken sichtbar werden.
Die Liebe zu ihrem Gott muß die Christen dazu drängen, Ihn bekanntzumachen.
Und wenn Gott Liebe ist, kann man Ihn durch Werke der Liebe bekanntmachen.
Und wenn Gott die Güte ist, macht man Ihn bekannt durch gute Werke. Deshalb werden die Christen, die Gott den Vater kennen, lieben und ihm vertrauen, wetteifern, um jene Werke zu vollbringen, die Sein Licht und Seine Liebe zu den Menschen aufleuchten lassen.
Worin bestehen die guten Werke?
Es gibt unzählige Möglichkeiten, weil Gott, der Gute, unendlich ist!
Und es ist Sein Geist, der sie eingibt, nährt und ihr Licht ausstrahlt, damit derjenige, der sie sieht, sie als Werk, Gabe und Abglanz Gottes erkennen kann.
Der Apostel, der uns an diese Gnade und Pflicht der Glaubenden erinnert, zählt auch - zu unserer Hilfe - einige gute Werke auf, in denen sich die Gläubigen auszeichnen sollen.
"Sich den Herrschern und Machthabern unterordnen und gehorchen", "niemand schmähen",
"nicht streitsüchtig sein,
sondern freundlich und gütig zu allen Menschen" (Tit 3,1-2).
Es scheint so, als ob Paulus das gleiche Licht auf den Christen aufleuchten sieht, das von Jesus ausging. ER ist der Untergebene, der Gehorsame, der Milde und Demütige von Herzen, der niemanden schmäht, nicht einmal seine Peiniger.
Jesus ist der wahre und erste Gläubige, der Erste in den guten Werken.
Jesus ist das Beispiel und das Muster für denjenigen, der an Gott glaubt.
Er ist nicht nur ein Beispiel.
Ich beschränke mich nicht nur darauf, auf seine Taten zu schauen, um sie nachzuahmen. Ich versuche hingegen, mit Ihm vereint zu sein - wie die Zweige mit der Rebe, damit neue gute Werke in neuen Situationen von Ihm in mir erzeugt werden können.
"Alles kann ich durch den, der mir Kraft gibt."
Herr Jesus, du bist mild,
demütig und zärtlich zu allen.
Du bist gehorsam und untertan aus Liebe.
Du bist gütig zu allen
und hast dich vorbehaltlos
für alle aufgeopfert.
Fahre fort, in mir zu wirken
auf diese deine Weise,
mit einer Liebe, die diese Merkmale hat.
So wird auch mein Leben dazu beitragen,
den lebendigen Gott bekanntzumachen,
so daß Ihn viele lieben können.
13.
"... und dabei auf Jesus blicken,
den Urheber und Vollender des Glaubens ..."
(Heb 12,12)
Zum zweiten Mal ladet der Briefschreiber die Hebräer ein, die Aufmerksamkeit auf Jesus zu richten. Das erste Mal (3,1) stellt er Ihn als "den Apostel und Hohenpriester, dem unser Bekenntnis gilt" dar, dieses Mal als "den Urheber und Vollender des Glaubens".
Der Glaube ist ohne Jesus nicht möglich!
ER ist es, der ihn formt, ihn bekundet, ihn heiligt und zur Vollendung bringt.
Es gab und gibt viele "Glauben" in der Welt und im Laufe der Geschichte. Derselbe Brief bringt ein sehr langes Verzeichnis von Personen, die im Glauben gelebt und den Glauben bezeugt haben, von Abel bis zu den letzten Propheten und bis zu den Märtyrern der Verfolgungen, die das jüdische Volk erlitten hat.
Es ist ein Glaube, der "gottgefällig" macht, denn man glaubt, "daß Gott lebt und daß er denen vergibt, die ihn suchen".
Es ist ein Glaube, der Gott Geschenke anbietet, der erleuchtet, um die Verdammnis zu sehen, in der die Welt sich befindet; ein Glaube, der dem Ruf Gottes folgen macht, der auf die ewige Stadt warten läßt.
Es ist ein Glaube, der Abraham dazu anhält, den Sohn zu opfern, der die Propheten sprechen läßt und der Verfolgungen und Leiden bis zum Tod ertragen läßt.
Es ist also ein starker, großer, fruchtbarer Glaube!
Aber dessen Urheber ist Jesus. Gäbe es nicht die Hoffnung auf seine Belohnung, das ewige Leben und die Auferstehung, die er als Erster "eröffnet" hat, wäre dieser Glaube eine Illusion.
Jesus ist der "Urheber" des Glaubens, der die Menschen zu Zeugen Gottes macht in den harten Proben, in den Kämpfen und in den Drangsalen, die sie leiden machen, nachdem sie sich Ihm übergeben haben. Er ist auch der Urheber des Glaubens der Patriarchen und Propheten, die Ihn nicht gekannt und trotzdem erwartet und ersehnt haben.
Jesus ist der "Vollender", der unseren Glauben vollkommen erleuchtet, so daß wir wissen, wer der Gott ist, dem wir uns anvertrauen und wieweit wir Ihm vertrauen dürfen.
Und wiederum ist es Jesus, der vollkommen macht, in dem Sinne, daß Er unseren Glauben zur Vollendung führt, wenn wir in das so klare Geheimnis seines Todes und seiner Auferstehung eingetaucht werden.
So führt uns unser Glaube dazu, uns in einem geistlichen Opfer darzubringen; in uns sterben zu lassen, "was in uns irdisch ist", uns selber zu sterben, wenn wir unseren Begierden und Trieben entsagen und unser Herz für die Bedürfnisse der Brüder öffnen.
Es ist unser Glaube, der uns ermuntert, "die anderen höher zu schätzen als uns selbst", die Liebe Gottes umzusetzen und so zu leben, daß unsere Umgebung in einen Ort verwandelt wird, wo die Liebe regiert, wo wir den Frieden mit allen suchen, weil wir uns Gott als einem wirklich liebenden Vater anvertrauen.
Jesus vervollkommnet unseren Glauben auch in dem Sinne, daß Er den Glauben für uns lebt. Er opfert sich dem Vater für uns. Er vertraut sich Ihm für uns an.
Er stirbt und zeigt uns dabei seine Liebe, sein Angesicht, seine Barmherzigkeit und Treue, so daß es für uns - getrieben mit zärtlicher Kraft - leichter wird, Ihn zu lieben und uns Ihm zu opfern.
Jesus lebt am Kreuz für uns die Fülle des Glaubens.
Wenn er ruft: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?", durchlebt Jesus all unsere Glaubensschwierigkeiten, all die Augenblicke, in denen wir nicht zu glauben imstande sind und in denen uns die Angst vor dem Leiden, vor der Einsamkeit und vor dem Tode überwältigen könnte.
Jesus vollendet unseren wankenden Glauben. Jesus bringt so dem Vater unseren vervollständigten, ganzen und reinen Glauben dar.
Und der Vater nimmt ihn gern an und belohnt uns dafür.
Jesus gebührt der Dank, dem Urheber und Vollender meines Glaubens.
Wie schön ist mein Glaube, wenn er wirklich gelebt wird.
Jesus selbst hält ihn als "Hoherpriester" in der Hand und bietet ihn dem Vater dar.
Dieser Glaube steigt wie wohlriechender und heiliger Weihrauch empor.
Danke, Jesus,
für meinen Glauben,
den du behütest!
14.
"Wenn wir untreu sind, bleibt er doch treu,
denn er kann sich selbst nicht verleugnen."
(2 Tim 2,13)
Dieser Satz ist nicht vollständig, denn davor steht:
"Wenn wir ihn verleugnen, wird auch er uns verleugnen."
Jesus verleugnen heißt, ihn nicht als unseren Lehrer anzuerkennen, nachdem wir uns an seiner Lehre erfreuen durften, ihn nicht als unseren Retter anzuerkennen, nachdem wir von ihm geheilt und wiederbelebt worden sind, ihn nicht als unseren Erlöser anzuerkennen, nachdem uns durch seine Barmherzigkeit vergeben worden ist.
Wenn wir ihn verleugnen, kann er nicht zum Vater sagen:
"Dies ist mein Jünger, dies ist dein Kind."
Ihn verleugnen heißt, zur Welt zurückkehren, zu jener Welt, die ihm feindlich gesinnt ist, die ihn abgewiesen und gekreuzigt hat. Wenn wir zur Welt zurückkehren, hindern wir Jesus daran, uns als die Seinen dem Vater vorzustellen.
Das will uns der Apostel Paulus sagen.
Unser Ausharren in der Liebe zu Jesus und im Glauben an ihn, ist wichtig, lebenswichtig.
Aber er weiß auch, daß das Ausharren manchmal schwierig ist und daß das Ausharren im Glauben Höhen und Tiefen kennt, Augenblicke des Eifers und Augenblicke der Apathie, der Müdigkeit, der Dürre, der Mühe, der Dunkelheit und Einsamkeit.
In diesen Augenblicken ist unser Glaube nicht abwesend, aber er ist wenig ausgeprägt, wenig bedeutend, nicht mehr bezeugend. In diesen Fällen gleicht unser Glaube einem Automotor, dem das Benzin fehlt. Der Motor ist da, aber er bewegt sich nicht und bewegt auch nichts.
Was soll man in diesen Zeiten tun? Wie reagieren?
Der Apostel sagt es :
"Wenn wir untreu sind, bleibt er doch treu,
denn er kann sich selbst nicht verleugnen."
Uns kann es an Glauben mangeln. Es kann Tage geben, in denen wir kein Vertrauen mehr haben, in denen wir an die Gegenwart des Herrn neben uns zweifeln, Tage, an denen wir demoralisiert sind.
Und trotzdem:
"Er bleibt treu."
Jesus fährt fort, uns als Freunde zu behandeln, er bleibt bei uns, so wie er bei seinen verängstigten Jüngern auf dem Boot im Sturm geblieben ist, so wie er sich den zwei enttäuschten Jüngern, die Jerusalem verlassen hatten und nach Emmaus zurückkehrten, näherte, so wie er die Sieben rief, die auf dem See Genezareth nichts ohne ihn gefangen hatten.
"Er bleibt treu."
Der hl. Paulus erinnert uns daran. So kann unser Vertrauen in solchen Augenblicken wieder aufleben. Wenn wir wissen, daß "Er treu bleibt", werden wir nicht zulassen, daß die Müdigkeit, die Unruhe der Menschen, die Macht Satans, die Angst vor den Schwierigkeiten und vor der Einsamkeit, die Länge der Dürrezeit unseren Glauben und unseren entschiedenen Weg mit dem Herrn beeinflussen.
"Er bleibt treu."
Es ist wichtiger, was Jesus tut, als das was wir machen können. Die ständige Betrachtung Seines Angesichtes ist wichtiger, als über unsere Apathie zu weinen. Die Treue Jesu ist einflußreicher auf das Herz des Vaters, als meine Müdigkeit.
Wichtig ist, daß Jesus von mir sagen kann:
"Dieser gehört mir!
Er ist müde, aber er gehört mir.
Er wird versucht, aber er gehört mir.
Er ist ausgebrannt, aber er gehört mir.
Er hat einen schwachen Glauben, aber er gehört mir.
Er ist nicht imstande, mir zu vertrauen, aber er gehört mir."
Jesus, so ist es: ich gehöre dir.
Halte mich bei der Hand,
auch wenn du mich unwillig, mutlos und lieblos siehst.
Fahre fort in deiner Treue: Du bist die Liebe.
Du bist dem Vater gehorsam, du bist Sohn.
Du bist der Bräutigam der Kirche.
Du bist das Haupt des Leibes, dessen krankes Glied ich bin.
Du bist der Arzt, der für die Kranken gekommen ist.
Du bist die Vergebung Gottes für die Sünder.
Du bist die Auferstehung für die Toten.
Du kannst dich nicht selbst verleugnen.
Du fährst fort, Leben, Licht, Kraft, Vergebung zu schenken.
Du gibst weiterhin das Brot, das nährt,
den Wein, der erfreut,
das Wasser, das den Durst stillt.
Jesus, ich lebe in deiner Treue!
Wie groß, wie schön und kostbar ist mein Glaube,
auch wenn er nur da wäre,
um deine Treue in meinem fehlenden Glauben zu beweisen.
Du läßt mich den Glauben, den du mir geschenkt hast, lieben.
Danke, Jesus!
15.
"Ihr Glaube bewährt sich nicht."
(2 Tim 3,8, 1 Tim 4,1)
Leider kennen wir auch die Möglichkeit, daß wir Fehler und Abweichungen im Glauben für wahr halten. Das ist nicht die Schwachheit desjenigen, der nicht imstande ist, dem Vater zu vertrauen und sich ihm anzuvertrauen.
Es ist der Anspruch oder der Stolz, Behauptungen aufzustellen, die nicht auf Seinem Wort gründen, sondern auf menschlichen Überlegungen oder auf mehr oder weniger anziehenden Phantasien.
Auch das ist eine Möglichkeit, und sie ist gar nicht so fern von den christlichen Gemeinschaften, wenn schon der hl. Apostel Paulus sich damit hat beschäftigen müssen.
Es gibt welche, die zwar die christliche Lehre und das Glaubensbekenntnis der Apostel kennengelernt haben, aber den eigenen Wunsch nicht aufgeben, sich selbst zu behaupten und Lehrer zu sein, um Jünger und Bewunderer zu haben.
Vom Glaubensbekenntnis nehmen sie nur einen Teil an, soviel, daß sie freundlich aufgenommen werden, daran ändern sie dann etwas, um Neuigkeiten vorzuschlagen, um sich als Lehrer anzubieten, um sich als intelligent bewundern zu lassen.
"Ich bekenne das Credo der Kirche - mit einigen Änderungen", hat mir eine "gute", ehrliche und freundliche Person lächelnd gesagt.
Die kleinen "Änderungen" am Glaubensbekenntnis sind Auswüchse des Stolzes, die den Menschen von der Demut Gott gegenüber ganz fernhalten; sie fesseln ihn in der Finsternis.
Wer in sich Stolz zurückhält, hält die Tür für den Feind Gottes offen. Wer sich erhabener als die Intelligenz der Kirche hält, schließt vor dem Heiligen Geist die Tür zu. Und wo der Geist Gottes nicht ist, gibt es weder das Licht Seiner Geheimnisse, noch die Wahrheit.
Da sich deshalb
"ihr Glaube nicht bewährt",
"werden sie wenig Erfolg haben,
denn ihr Unverstand wird allen offenkundig werden."
"Ihr Glaube bewährt sich nicht."
Sie verändern die Glaubenswahrheiten, um einige ihrer Verhaltensweisen oder eigene Gewohnheiten zu rechtfertigen. Praktisch sind sie ihrem Egoismus ausgeliefert, da sie sich nicht ganz dem Gehorsam gegenüber dem Wort der Schrift, der Kirche, der Tradition der Kirche unterstellen wollen.
Der Tradition der Kirche gehorchen, ist Übung und Garantie der Demut, ist Gnade, heißt Glied jenes verherrlichten Leibes Christi sein, der immer noch die gleichen Zeichen des Kreuzes trägt. Sie werden nie geändert, noch weggenommen, noch vernarben sie.
Wenn ich meinen Glauben liebe - er ist mein, weil er der Glaube der Kirche ist,
der ich angehöre -, verzichte ich auf persönliche Anschauungen, verzichte ich darauf, das Glaubensbekenntnis als Spielplatz des Stolzes und der leeren Überlegungen zu betrachten.
Ich suche hingegen Treue denen gegenüber, die ihn gelebt und sich darin geheiligt haben.
Ich stelle fest, daß ich den Glauben mehr liebe, und daß er mir mehr Frieden und Gelassenheit vermittelt, wenn ich weiß, daß er nicht das Ergebnis meiner Überlegung ist, sondern ein empfangenes Geschenk, eine sichere Verbindung mit dem Leben der Kirche, eine klare Teilnahme am Leben der Heiligen, die nun an der Gemeinschaft teilhaben, die in Ewigkeit die Herrlichkeit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes lobt und preist.
Herr Jesus, ich danke dir,
denn auch du offenbarst dich - wie der Vater -
den Kleinen, den Armen, den Demütigen.
Du offenbarst dich jenen, die mit Einfachheit
den Glauben deiner Kirche annehmen,
jenen, die ohne Stolz lieben und gehorchen,
jenen, die treu der Lehre der Apostel folgen.
O Jesus, der du das Wort des Mose und der Propheten liebst,
du schlägst uns nicht vor, originell im Glauben zu sein,
sondern demütig das Glaubensgut der Kirche anzunehmen,
wie du den Worten, die schon geschrieben waren,
treu geblieben bist.
Ich danke dir, und ich bitte dich um den Heiligen Geist,
damit ich auch ausharrend bis zum Ende befunden werde,
und damit ich in Glaubenssachen nicht verworfen werde.
Hab Erbarmen mit mir und rette mich!
16.
"Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht."
(Jes 7,9b)
Der Prophet Jesaja sprach mit großer Entschiedenheit und Sicherheit. Er verfügte über eine jahrhundertealte Erfahrung seines Volkes, abgesehen von seiner persönlichen Erfahrung. Beim Überdenken der vorgefallenen Ereignisse der Vergangenheit konnte er zu dieser Schlußfolgerung kommen:
"Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht."
Der Beststand eines Volkes gründet nicht auf sich selbst, auf den eigenen Werten, auf der eigenen Kraft und Weisheit. Sogar die mächtigsten, tapfersten und intelligentesten Völker sind untergegangen, sie sind fast alle vergessen.
Das einzige Volk, das zur Zeit Jesajas eine tausendjährige Geschichte vorweisen konnte, war sein Volk, das Volk Gottes. In seinem Volke hat sich, trotz Fehlern und Glaubensabfällen, trotz Verrat und Vergessen, immer "ein kleiner Rest" von Treuen erhalten.
Jene wehrlosen Armen setzten ihr Vertrauen in den lebendigen Gott und ließen sich nicht von der Macht des Geldes, von den Versprechungen der Mächtigen betrügen, noch ließen sie sich von den Drohungen der Gewalttätigen einschüchtern.
Sie waren schon gewohnt, den Tod, den Betrug jener zu sehen, die Illusion des Goldes, das, obwohl es leuchtend und glänzend ist, niemandem weder Leben, noch Freude, noch Trost, noch Liebesfähigkeit verleiht.
Gerade diese Armen hatten - trotz des ganzen Hochmuts und der ganzen Anmaßung der Großen - die Beständigkeit des Volkes in seinem Lande garantiert.
Sie hatten geglaubt.
Sie hatten ihre Hoffnung auf die Verheißungen des lebendigen Gottes gesetzt, jenes Gottes, der Sein Angesicht verborgen hält, der sich aber denen zeigt, die Ihm treu bleiben, obwohl sie Ihn nicht sehen.
"Glaubt ihr nicht, so habt ihr nicht (habt ihr keinen Bestand)."
Der Prophet zeigt diese Erfahrung auf. Er zeigt sie dem jüdischen Volk auf, aber dieses sein Wort gilt für jede Gemeinschaft: eine Familie, ein Dorf, einen Staat.
Gott allein kann sein sicheres Amen über jede Berufung, über jede Zusammenkunft, über jedes menschliche Versprechen aussprechen.
Ich glaube, daß Gott treu ist.
Ich traue seinem gesprochenen Wort, nicht meiner Klugheit und meinen Feststellungen. Ich vertraue mich seinen Verheißungen an, nicht meinen Entscheidungen, seinem Segen und nicht meinen Versprechen.
Ich glaube an dich, Vater.
Ich glaube an dich, Jesus und Erlöser.
Ich glaube an dich, du lebenspendender Geist.
Meine Sicherheit bist du, Heiligste Dreifaltigkeit.
Auch die Sicherheit meiner Familie bist du.
Außerhalb des Glaubens an dich
gibt es keine Gemeinschaftserfahrung,
gibt es keine Liebe, die bis zur Selbstaufopferung,
bis zum Leiden, ja bis zum Tod fähig ist.
Außerhalb des Glaubens an dich herrschen
ständige Unsicherheit, Ungewißheit,
Spannung und Angst.
Wenn ich dir vertraue, ruht mein Herz aus,
werden meine Glieder an deiner Gegenwart satt,
legt sich meine Ungewißheit.
An dich glauben, ist Leben,
ist Frieden und große Sicherheit.
Wie kostbar ist der Glaube,
den du mir gegeben hast.
Wie schön ist der Glaube,
den du in mir und in der ganzen Kirche
mit deiner Treue pflegst.
Ich liebe den Glauben meiner Brüder,
ich liebe meinen Glauben,
ich liebe den Glauben,
der meinem Volke einen
vielhundertjährigen Bestand verleiht.
Geliebter Glaube!
17.
"Euch, die ihr glaubt, gilt diese Ehre."
(1 Petr 2,7)
Es ist der hl. Petrus, der - wenn man so sagen kann - den Hut vor denen zieht, die als Grundlage ihres Lebens die Person Jesu gewählt haben. In einem anderen Vers seines ersten Briefes (1 Petr 1,8) zeigt er Erstaunen und Bewunderung über jene Personen, die an Jesus glauben, ohne ihn je gesehen zu haben.
Jetzt erweist er ihnen die Ehre. Jene Personen sind wichtig, die glauben.
Der Glaube erhöht sie in den Augen Gottes: Warum sollten sie nicht auch groß sein in den Augen der Menschen?
Die Glaubenden verbreiten das Heil in der Welt, bringen die Gegenwart Gottes mitten unter die Menschen und öffnen die Herzen der Sünder für die Hoffnung.
Die Glaubenden lassen den verwunderten und mißtrauischen Augen der Welt den wahren Frieden, die brüderliche Gemeinschaft, die heitere Freude, die unentgeltliche und selbstlose Liebe erkennen.
Wer ist verdienstvoller als diese in der Geschichte der Völker?
Warum den tyrannisierenden Mächtigen, den demütigenden Gescheiten, den ausbeutenden Reichen, den prahlenden Intelligenten die Ehre erweisen und nicht den Demütigen, die den Himmel öffnen?
"Euch, die ihr glaubt, gilt diese Ehre."
Der Apostel, der jetzt den Christen in Kleinasien schreibt, hat gerade daran erinnert, daß sie der geistige Bau sind, der von Gott errichtet wird auf dem Grund "eines erwählten, kostbaren Ecksteins, den ich in Ehren halte".
"Wer an ihn glaubt, der geht nicht zugrunde."
Diese Personen haben sich nicht betrügen lassen, es sind sichere und standfeste Personen, nicht weil sie stolz oder selbstsicher sind, sondern weil der "Stein", auf dem sie gegründet sind, sicher ist.
Sie verdienen Ehre, weil Gott sich ihrer bedient, wie eines "Hauses", sei es um selber darin zu wohnen, sei es um jene aufzunehmen, die Er lieben, verteidigen, erquicken und beheimaten will.
"Euch, die ihr glaubt, gilt diese Ehre."
Auch ich fühle mich geehrt. Und ich genieße sogar die Ehre des ersten Apostels, ja sogar die Ehre von Jesus selbst und daher auch die des Vaters.
Es interessiert mich nicht, ob die Regierenden dieser Welt, mich ehren oder verachten. Auch wenn sie mich ablehnen, so wie sie den "Stein" ablehnen, auf dem ich sicher stehe, so ändert sich nichts daran.
Ich fahre fort, zu glauben, zu stehen und mich von jenem "Eckstein" tragen zu lassen. Das "Haus", das auch durch meinen Glauben gebaut wird, wird eines Tages auch jene, die jetzt von außen verächtlich darauf schauen, aufnehmen und erwärmen können.
Die Liebe, die meinen Glauben bewahrt und ernährt, ist auch für sie bestimmt.
Die Hoffnung, die meine Augen lebendig und glänzend macht, ist auch für sie bereit.
Ich fahre fort, zu glauben, ich fahre fort, meinen Glauben zu lieben. Jener Glaube läßt mich als lebendigen Stein vereint sein mit anderen "lebendigen Steinen", damit das "Haus" mitten in der Welt errichtet werden kann, in dem viele Schutz finden, Kraft empfangen, geheilt werden und wieder Lieder anstimmen können.
Danke, Jesus,
daß du mich zusammen mit dem Vater ehrst.
Ich genieße es.
Es ist eine Ehre, die dir zur Ehre gereicht,
denn mein Leben wird von dir
und von deinem Geist erfüllt,
wenn ich glaube.
Es ist deine Frucht, die ich trage,
deine Weisheit, die in mir offenbar wird,
wenn ich glaube.
Es leuchtet deine Herrlichkeit auf,
wenn du mich ehrst.
Deshalb hast du den Vater gebeten,
verherrlicht zu werden,
denn deine Herrlichkeit
läßt die Seinen in ihrem Glanze aufstrahlen.
So freue auch ich mich, daß du mich ehrst.
Denn so werden die Barmherzigkeit,
die Liebeskraft und die Treue des Vaters
vor den Augen der Welt kundgetan.
Herrlichkeit und Ehre sei dir,
meinem Herrn Jesus!
18.
"Ich habe ... die Treue (im Glauben) gehalten."
(2 Tim 4,7)
Manche haben die Treue (im Glauben) nicht gehalten. Traurig zählt der Apostel Paulus den Namen manchen Jüngers auf, der in die Welt zurückgekehrt ist.
Durch die Abkehr manchen Jüngers vom Glauben an Jesus ist er in die Finsternis zurückgefallen; er ist Bürger des Todesreiches geworden.
Paulus - eingekerkert und schon dem äußersten Opfer nahe - kann sich hingegen rühmen, im Glauben treu geblieben zu sein.
Der Glaube wird wie ein Schatz, wie ein kostbares Gut angesehen, das er empfangen und unversehrt aufbewahrt hat, um es zurückzugeben. Es ist ein Schatz, der an die Talente oder an die Drachmen erinnert, welche die Diener bekommen haben und die sie, nachdem sie sie haben Frucht bringen lassen, ihrem Herrn zurückgegeben haben.
Dabei haben sie die Talente nicht verloren, sondern hundertfach zurückbekommen.
Es wundert mich noch immer, daß der hl. Paulus - dem Tod und der Begegnung mit seinem Herrn nahe - nicht sagt:
"Ich bin in der Liebe geblieben, habe ständig geliebt,
habe Werke der Liebe vollbracht."
Auch wenn das wahr ist, so weiß er doch, daß nicht diese Werke es sind, die ihn retten.
Sicher hat der Apostel, der den Hymnus an die Liebe geschrieben hat, sie auch gelebt, aber er kann nur sagen, daß er im Glauben treu geblieben ist. Er weiß, daß das Opfer Jesu ihn gerettet hat, daß die Liebe Jesu ihn zum Kind Gottes gemacht hat und daß ER ihn ausdauernd in der Liebe gemacht hat.
Er weiß also, daß ihn das Gestütztbleiben auf Jesus, daß ihn der Glaube an Jesus rettet.
Genau wie Jesus gesagt hat:
"Wer glaubt und sich taufen läßt, der wird gerettet."
Wenn der Apostel Christi geliebt hat bis zum "Blutsopfer", wenn er aus Liebe zu den Heiden - ohne zu klagen - Seenot und Schläge, Hunger, Kälte und Steinigungen erlitten hat, wenn er seinen Leib als "wohlgefälliges Opfer" Gott dargebracht hat, dann ist dies auf Grund seines Glaubens geschehen.
Der Glaube hat seine Liebe verwurzelt und gestützt.
"Ich habe ... die Treue (im Glauben) gehalten."
Jesus würde zu ihm sagen:
"In allen meinen Prüfungen hast du bei mir ausgeharrt" (Lk 22,28).
"Ich habe ... die Treue (im Glauben) gehalten."
Es ist nicht möglich, den Glauben wie etwas Eingemachtes aufzubewahren. Der Glaube ist nicht eine Sache, er ist nicht etwas Lebensfernes.
Er ist die Vertrauens-, Hingabe- und Liebesbeziehung zum Vater und zu Seiner GABE.
Sagen zu können:
"Ich habe... die Treue (im Glauben) gehalten",
ist so, als wenn man sagen würde:
"Ich habe ständig auf dich gehört, Vater;
ich bin dir immer nachgefolgt, Jesus;
ich habe mich dir immer hingegeben, Heiliger Geist.
Ich war dir gehorsam, Herr;
ich habe dir gedient,
ich habe mich von dir führen lassen.
Und jetzt rechne ich noch immer nicht zusammen, was ich getan habe, sondern ich zähle auf deine Verheißungen, auf deine Barmherzigkeit, auf deine Treue."
"Ich habe ... die Treue (im Glauben ) gehalten."
Ich spüre eine heilige Eifersucht auf den Apostel. Aber ich bin auch sicher, daß Jesus das Gebet des Demütigen noch immer erhört und es zusammen mit seinem Blut auf den Himmelsaltar trägt.
Deshalb sage ich, da ich noch nicht sagen kann:
"Ich habe ... die Treue (im Glauben) gehalten":
"Herr, Jesus!
Du hast mich mit deinem Blut erkauft.
Du hast mich mit deiner Liebe erobert.
Du hast mich sehr oft von dem Bösen befreit.
Du bist auferstanden, um mich an dich zu ziehen.
Fahrt fort mit deiner Treue.
Ich bin ein armer Sünder.
Ich bin unfähig, dir treu zu sein.
Bringe du für mich dem Vater deine Treue dar.
Bewahre du meinen Glauben
bis zum Tag meiner Begegnung mit dir
und mit deiner Kirche,
die das Halleluja deiner Treue besingt."
AMEN
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